Folia Theologica 1. (1990)

László Vanyó: Die Christologia des Gregor von Nyssa als Mittelweg zwischen Antiochien und Alexandrien

DIE CHRISTOLOGIE DES GREGORS VON NYSSA 107 tet, welche Verwandlung der aufgenommenen Menschennatur für die Annahme der Doppelsohnschaft keinen Raum lässt.14 Die Vereini­gung verwirklicht sich nur um den Preis der Umwandlung der mensch­lichen Natur, während die göttliche unberührt bleibt. Alles, was Gregor sagt, lässt sich auch auf die erlöste menschliche Existenz bezie­hen. Bemerkenswert ist der Ausdruck "to theion genomenon" im Texte Gregors, den er mit aller Wahrscheinlichkeit auf die Analogie Joh 1,14 (kai ho logos sarx egeneto) geformt hat, obwohl er das Johannes-Evan­gelium in dem Brief an Theophil niemals aufführt. Er beruft sich hauptsächlich auf Paulus-Texte. Gregor haltet sich an die Identität und Unwandelbarkeit des Logos auch in der Menschwerdung, er ist derselber vor und nach der Fleisch­werdung. Er bajaht das soteriologische Axiom nach dem nur die mit dem Logos vereinte menschliche Natur errettet ist. Die Annahme der Zweiheit von Söhnen würde dem wiedersprechen und es zunichte machen. Er betont darum, dass ein in sich genommener, fleischlich als Sonderexistenz gedachter Gottessohn für ihn unbekannt sei, und keine logische Notwendigkeit zwingt ihn einen solchen anzunehmen.15 Um es dem Theophil zu beweisen, macht er Gebrauch von dem Gleichnis von dem im unermesslichen Meer sich vermischenden Tropfen, mit dem der Nyssener die Einheit der zwei Naturen Christi illustrieren möchte. Die gregorische Applikation lautet so: "Wer immer in dem Vater existiert, und den Vater immer in sich hat, und mit ihm eins ist, er ist und wird so sein, wie er war, wie er vorher existierte, und ausser ihm wurde kein anderer Sohn geworden, und wird nicht sein. Der Erst­ling der aufgenommenen (posléphteis) menschlichen Natur -um ein Bild zu gebrauchen- wurde aber von der allmächtigen Gottheit wie ein Tropfen von Essig im unermesslichen Meer vermischt, sie existiert in der Gottheit, freilich nicht in ihren Eigenschaften. Die Doppelsohn­schaft wäre wirklich so vorstellbar, wenn man eine andere Natur in ihren Qualitäten in der unaussprechlichen Göttlichkeit des Sohnes an­erkennen könnte, die eine wäre die schwache, kleine, verderbliche, ver­gängliche, die andere dagegen die mächtige, grossartige, unverderbliche und ewige. Nachdem wurden alle die auf die sterbliche 14. GNO III, 1 S. 124,21-125,10. 15. GNO III, 1 S. 125,16-20 und 125,22-126,4.

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