Folia Theologica et Canonica 11. 33/25 (2022)

Sacra theologia

DENKEN DES UNÜBERTREFFLICHEN - DIE ZWEIFACHE NORMATIVITÄT...81 führlich zu zeigen versucht hat,46 wegen des vom ontologischen Gottesbeweis in Anspruch genommenen vermögenstheoretischen Verständnisses von realer Existenz als einer qualitativen und graduierbaren Eigenschaft von Entitäten, die deren Existenzmodus bezeichnet. Demgegenüber muss das von Kant und in dessen Gefolge von der analytischen Philosophie (Frege, Quine) vertretene Verständnis von Existenz im Sinne einer reinen Faktizität bzw. einer Erfüllung bestimmter begrifflicher Gehalte durch Fälle oder Vorkommnisse in der objek­tiven Wirklichkeit als grundlegender verstanden bzw. anerkannt werden. Dass der begriffliche Gehalt des ontologischen Gottesbegriffs in der objektiven Wirklichkeit von einem Fall bzw. Vorkommnis instantiiert bzw. erfüllt wird und damit verwirklicht ist, hat Anselm aber nicht zeigen können. Deshalb hat er seinen Beweisanspruch für die reale Existenz des Unübertrefflichen im Ausgang von seinem apriorischen Begriff des Unübertrefflichen auch nicht eingelöst. VI. Eine Anmerkung zur Geschichte des ontologischen Gottesbegriffs bei Duns Scotus, in der frühen Neuzeit und im Deutschen Idealismus - die Konvenienz des ontologischen Gottesbegriffs mit dem christlichen Gottesverständnis: Die Personalität Gottes, seine trinitarische Seinsweise, seine Schöpfertätigkeit, seine Schöpfung aus dem Nichts, der Exemplarismus, der Seelengrund vernunftbegabter Geschöpfe, die Menschwerdung Gottes und seine Erlösung der Menschheit durch das stellvertretende Sühneleiden des Gottmenschen Duns Scotus präzisiert den begrifflichen Gehalt des ontologischen Gottesbe­griffs als den eines aktuell unendlich vollkommenen Seins und bereitet damit die Entwicklungsgeschichte des ontologischen Gottesbegriffs in der frühen Neuzeit vor, und zwar bei Cusanus, Descartes, Spinoza und Leibniz, in deren Verlauf die Konzepte der (intensiven und negativen) Unendlichkeit und der Vollkommenheit in das Bedeutungszentrum des ontologischen Gottesbegriffs rücken.47 Im Deutschen Idealismus wird diese Bestimmung des ontologisch­metaphysischen Gottesbegriffs ergänzt um die Wesensbestimmungen von ab­solutem Sein und Wissen (bei Fichte), von absoluter Subjektivität und Geist­wirklichkeit (bei Hegel) und vor allem von absoluter Freiheit (bei Schelling), 46 Vgl. Enders, M., Ontologischer Gottesbegrijf und ontologischer Gottesbeweis. Der Vernunft- Charakter des ontologischen Gottesbegriffs und dessen Entfaltung im ontologischen Gottes­beweis. 47 Vgl. hierzu ausführlich Enders, M., Gott im Denken der Philosophie, 248f.

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