Folia Theologica et Canonica 11. 33/25 (2022)

Sacra theologia

DIE GOTTESFRAGE ALS EXISTENTIELLE FRAGE... 47 ten, in der Psychologie, in der Medizin, in der Soziologie, Genetik, usw. wer­den wirklich wahre Kenntnisse, indem diese Wissenschaften sich in ihren De­tails vertiefen, zugleich aber auch jene Fragen in Betracht ziehen, die den Menschen in die Gänze eingebettet sehen. Luis F. Ladaria meint: „Die Frage die sich auf den Menschen bezieht, ist die gleiche Frage, die sich auf Gott be­zieht.“6 II. Der Mensch, der durch seine Affektivität Gott gegenüber offen ist Der Mensch erkennt sich selbst nicht nur als rationales Wesen, er lebt und wirkt nicht so, als ob er alles nur durch seinen Verstand verstehen, erdenken und erleben würde. Seine Gefühle, seine Emotionen bilden Teil seines We­sens, die eine breite Palette vorzeigen. Unsere Gefühle und Emotionen sind eigentlich die Reaktionen der erfahrenen Realitäten. Die von uns erfahrenen, perzipierten und wahrgenommen Dinge triggern aus uns unterschiedliche emotionale Reaktionen. Der Mensch erlebt von Tag zu Tag unterschiedliche affektive Zustände, die mit den uns betroffenen Geschehnissen straff verbun­den sind. Die Gefühle sind außerordentlich wichtig in unseren intersubjekti­ven Beziehungen, da einerseits unsere Beziehungen sich durch sie gestalten, und andererseits die Beziehungen überhaupt durch sie lebend sind. Viele menschliche Beziehungen entwickeln sich aus intensiven Emotionen. Gefühle, Emotionen, die Momente unserer Affektivität sind Bindemittel unserer Be­ziehungen. Theologen, Philosophen, widmen oft große Aufmerksamkeit der Gefühls­welt der gläubigen Menschen, sie untersuchen jene affektiven Zustände, die der Gott erfahrender Mensch sich beimißt. Der Lehrsatz der Religionsphilo­sophie Friedrich Schleiermachers schreibt vor, dass der Mensch „fühlend und erlebend“ glauben kann.7 Blaise Pascal, der große Mathematiker meint: „Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.“ Er behauptet, das menschliche Herz von Natur aus sowohl den Allmächtigen, als auch sich selbst lieben könne. Es hängt von dem Meschen ab, welchen gegenüber er sich einschließt. „Es ist das Herz, das Gott fühlt, nicht der Verstand.“8 Wenn wir 6 „The question of God cannot be separated from the question of humanity, because, in reality, the response to the first question determines-or at least conditions to a great extent-the response to the second.” Ladaria, L. F., Christian Faith in God, in Becker, K. J. - Morali I. (ed.), Catho­lic Engagement with World Religions. A Comprehensive Study, New York 2010. 153-178, 153. 7 Siehe dazu die Reflexion des katholischen Autors, Bernhard Welte: Welte, B., Zur geistge­schichtlichen Lage der Fundamentaltheologie (1950), in Welte, B., Zur Vorgehensweise der Theologie und zu ihrer jüngeren Geschichte (Gesammelte Schriften, IV/3.), Freiburg-Basel- Wien 2007. 193-211, 195-197. 8 Pascal, B., Gedanken, Leipzig 1992, Fr. 277., 278.

Next

/
Thumbnails
Contents