Folia Theologica et Canonica 11. 33/25 (2022)

Sacra theologia

46 KRISZTIÁN VINCZE „immer gegenwärtig, und zugleich immer unbemerkt bleibt“. Das Wort Gott ist eigentlich das letzte Wort des Menschen, bevor der Mensch stumm wird. Dieses Wort konfrontiert uns mit dem Grund der Gründe, mit dem Grund des Weltalls, mit dem Grund unseres Seins, konfrontiert uns mit dem alles Über­greifenden.3 Das Unendliche, das alles Übergreifende kann nur von uns, aus­schließlich von den Menschen, gedacht werden. Thomas von Aquin und Anselm von Canterbury finden durch die Vernunft, in der Handlung des Denkens auf Gott. Sie meinen, unsere Rationalität sei fähig, die Existenz Gottes einzusehen, der Quelle und Grundlage der Welt ist. Sie meinen, es sei rational, logisch und folgerecht, die Existenz Gottes zu be­haupten. Obwohl die ewige Macht, die Gottheit Gottes unsichtbar ist, sind diese seine Eigenschaften an der sichtbaren Welt für die menschliche Vernunft wahrnehmbar. Thomas, draußen in der Welt, Anselm, drinnen, in der Vernunft trifft auf Gott an. Seit der Neuzeit wurde in Europa als ideale Form des Denkens jene Denk­weise identifiziert, die die Dinge erkennt, ergründet, erklärt und beweist. Die Religion wird von vielen atheistischen Denkern verwirft, weil man meint, dass das empirisch nicht beweisbare Wissen, die mit der Ration, mit dem Ver­stand, nicht verifizierbaren Kenntnisse nur nutzlos oder gar schädlich für den rationalen Menschen seien. Das ideale Wissen ist jenes Wissen geworden, das analysiert, aufgliedert, Begriffe bildet, von einer Erkenntnis auf empirischer Weise zur anderen fortgeht.4 Heute, in unserem 21. Jahrhundert vermuten wir schon besser, was für Nachteile und was für Gefahren diese Denkweise hat. Der Mensch ist nämlich nicht nur der, der die Dinge und ihre Details zu ken­nen vermögt, sondern der, der alleine auf den Zusammenhang der Dinge zu fragen fähig ist. Vergeblich werden wir die Details der wissenschaftlichen Kenntnisse in ihren immer tieferen Einzelheiten analysieren, wenn wir nicht ihre in der Gänze gespielten Rollen befragen. Schon Edmund Husserl be­schwerte sich darüber, dass die Wissenschaften in Krise sind, da sie nicht mehr die Hauptfragen, nicht mehr die letzten Fragen stellen. Die Betrachtung der Gänze ist in ihnen nämlich verlorengegangen, sie haben ihre umfassende Sichtweise verloren. Die Wissenschaften entwickeln sich kontinuierlich so, dass sie nicht mehr die Frage beantworten können, ob unser menschliches Leben einen Sinn habe.5 Die Frage des Sinnes des menschlichen Lebens kann meines Achtens beantwortet werden, indem der Mensch selbst, sein Wesen, in den Zusammenhang der Gänze, in den Zusammenhang der ganzen Realität gestellt werden. Unsere Kenntnisse über dem Menschen in den Wissenschaf-3 Vgl. Rahner, K., Grundkurs des Glaubens, Freiburg-Basel-Wien 1976. 2.1 Kapitel. 4 Vgl. Keller, A., Grundfragen christlichen Glaubens. Alte Lehren neu betrachtet, Gesamtskrip­tum 2010. 64-65. http://liost-82-135-31-182.customer.m-online.net/Grundfragen.pdf 5 Vgl. Husserl, E., Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phäno­menologie (GW, Bd. 6.), Berlin-Heidelberg-Dordrecht-New York 1976.1. 2.§.

Next

/
Thumbnails
Contents