Folia Theologica et Canonica 11. 33/25 (2022)

Sacra theologia

DIE GOTTESFRAGE ALS EXISTENTIELLE FRAGE... 45 ten Grenzen aus. So sind wir in der Lage, uns den Begriff des Unendlichen, den Begriff des alles Übergreifenden und den Begriff der Totalität zu gestal­ten. Indem man imstande ist, in seiner Vernunft seine Denkausdehnung ohne Ende auszubreiten, imstande ist, jegliche steigende Zahlreihe fortzusetzen, imstande ist, von angegebenen Zahlen immer größere Zahlen zu denken, dann sind diese Fähigkeiten seiner Offenheit der Unendlichkeit gegenüber zu dan­ken. Da man das Unendliche ahnt, kann man sich überhaupt Gott als die un­endliche Substanz denken. Die menschliche Vernunft ist das Organ, das Un­endliche erdenken zu können. Die quinque viae, die fünf Wege von Thomas von Aquin sind Denkwege, die die Welt in ihrer Einheit betrachten, und die Erklärung der Welt suchend gelangen sie zur Behauptung, dass es Gott gibt. Die fünf Wege stellen dar, dass die Existenz der Welt, die Geschehnisse und die Eigenschaften der Welt durch ein erstes Prinzip geklärt werden müssen, und eben dieses Prinzip nennt man Gott. Die zeitgenössische Thomas-Fachliteratur formuliert; dass der Heilige Thomas die Welt als ein einheitliches riesiges, gigantisches Objekt sieht, und er sucht nach den Gründen dieses Objektes. In dem Universum gibt es eine Reihe von Bewegungen, wo Beweger und Bewegten wirken, und Thomas sucht den ersten Beweger, der als die Erklärung dieser Reihe angegeben wer­den kann. Dann sieht Thomas, dass in der Welt - permanent - Dinge, Lebe­wesen, Seienden entstehen, und er fragt, wer oder was es sei, der sein Sein als erster erteilt, damit dann das Sein weitergegeben werden könne. Drittens er­wägt Thomas die Kontingenz der Seienden, welcher Existenz wieder nach einem festen Grund verlangen. Viertens sieht Thomas, dass in der Welt die Seienden auf ihre Ziele gerichtet streben, und er fragt nach dem Festsetzer der Ziele. Fünftens denkt Thomas der Stufenfolge der Perfetkion der Seienden nach, und er findet die Quelle der Perfektionen in Gott auf. In den fünf Wegen sucht der mittelterliche Denker nach der Grundlage, nach der Erklärung des Weltalls, und am Ender der Wege findet er immer auf ein Prinzip, das schließ­lich als Gott identifiziert werden. Wenn man Karl Rahner Recht gibt, indem er mit dem Ausdruck Gott die menschliche Fähigkeit des Fragens auf das All identifiziert, dann sieht man, dass ebendies auch in den fünf Wegen von Tho­mas geschieht, wenn er seine Fragen dem Weltall gegenüber stellt und sie be­antwortet. Wenn man Anselm von Canterbury wieder in Erinnerung ruft, merkt man, durch das Wort Gott sei es wirklich möglich, das Ganze, das Endlose und das Absolute in Worte zu fassen. Aufgrund seiner Unendlichkeit kann Gott wört­lich nicht so ausgedruckt werden, als die andere Realitäten, als die Objekte unsere physischen Welt, da Er alles übertrifft und alles übergreift. Trotzt des­sen weisen wir durch solche Gendanken auf das hin, was sich nie unter den benannten Dingen auftritt, der nie als ein Moment der dinglichen Entitäten auftritt. Zumindest können wir durch unsere Worte auf das hinweisen, das

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