Folia Theologica et Canonica 7. 29/21 (2018)

Sacra theologia

DER DIALOG VON PHILOSOPHIE UND THEOLOGIE... 93 von Philosophie und Theologie bildet die Beziehung der zwei Ordnungen ab. d.h. es geht einerseits um zwei, aufeinander nicht rückführbare, selbständige Wissenschaften. Andererseits, da das Natürliche/Übematürliche und die Gna­denordnung denselben Gott zum Schöpfer haben, ist das Verhältnis von Philo­sophie und Theologie auch eine organische. Nun macht sich Balthasar diese Grundformel ganz zu eigen. Einerseits betont er im Gegensatz zu Hegels Ratio­nalismus und Panlogismus, dass christlicher Glaube und Theologie nicht in der philosophischen Vernunft aufzulösen sind, das absolute Wissen nicht an die Stelle der Liebe, welche die Freiheit hütet und den Glauben ermöglicht, zu tre­ten vermag. Andererseits hebt er Not und fruchtbare Möglichkeiten des Dia­logs der Philosophie und der Theologie im Gegensatz zur Theologie von Barth, der die Philosophie abweist, bzw. zur nominalistischen Auffassung, welche Philosophie und Theologie voneinander entfernt, hervor. Da Gottes Gnaden­selbstoffenbarung in Christus die ganze Welt der Schöpfung betrifft, so kommt die Welt, Gegenstand sowohl der philosophischen Reflexion, in ihrer Ganzheit in den Gegenstandsbereich der theologischen Reflexion. So können, wenngleich unter verschiedenen Gesichtspunkten, die unterschiedlichen Forschungsgebiete der zwei Wissenschaften eine Schnittmenge aufweisen: die geschaffene Welt und den Sinn ihrer Existenz, folglich ist ihre Begegnung unvermeidbar. Balthasar folgt der Richtung des Heiligen Thomas und der nouvelle theologie (Henri de Lubac) und legt Akzent darauf, dass es in der tatsächlichen Er­fahrungswelt und Geschichte keine reine Natur und keine reine Vernunft gibt. Die Schöpfung, die Geschichte und darin der Mensch mit seinen Fähigkeiten bewegen sich von vornherein im Kraftfeld der Tendenz auf das übernatürliche Ziel, der Erbsünde und der Wirkung der göttlichen Gnade. So gibt es auch keine reine natürliche philosophische Vernunft, nur eine, die der Sünde oder der Gnade untersteht, sich zur Sünde oder zur Gnade verhält. „So ist denn auch das konkrete Auge der Vernunft immer schon entweder ein durch das Licht von Glaube und Liebe gereinigtes und geschärftes, oder aber ein durch Erbsünde oder persönliche Schuld verdunkeltes.”28 Wohl zerstören weder die Sünde, noch die Gnade die mit der Schöpfung gegebenen Strukturen der Vernunft, doch beeinflussen sie ihre konkrete Wirkung. Daraus sind zwei Folgerungen zu ziehen. Zum einen gehört zur Pflege der Philosophie wesentlich das moralische Moment persönlicher Entscheidung. Zum anderen ist doch noch ein „Zwischen­reich“ zwischen den methodisch getrennten Gegenstandsbereichen von Philo­sophie und Theologie möglich. Nun ist das der Bereich der Wahrheiten, welche die geschaffene Welt (und die sich auf die Schöpfung gründende Gottes­erkenntnis) betreffen und bei dem Lichte der natürlichen Vernunft zu erkennen 28 Von den Aufgaben der katholischen Philosophie in der Zeit, Einsiedeln-Freiburg im Breisgau 1998. 16. Im Weiteren: KathPhil. Erste Veröffentlichung: Annalen der Philosophischen Gesell­schaft Innerschweiz, Werd bei Eschenz 3 (1946/47) 1-38.

Next

/
Thumbnails
Contents