Folia Theologica et Canonica 7. 29/21 (2018)
Sacra theologia
DER DIALOG VON PHILOSOPHIE UND THEOLOGIE... 85 auftrat. Diese Begegnung begann bereits mit der griechischen Übersetzung der Texte der hebräischen Bibel (Septuaginta), dem Entstehen der griechisch sprachigen heiligen Texte im Alten Testament (siehe Buch der Weisheit) und dem Werk Phiions. Im Neuen Testament zeigt die Missionstätigkeit des Paulus beispielhaft die Art und Weise, wie die Verkündigung der universellen Wahrheit Christi der griechischen Philosophie begegnet und mit ihr ins Gespräch kommt, die den letzten Sinn der Existenz erfragt und das Göttliche (to theion) sucht. Verkündigt die biblische Offenbarung vom Gesichtspunkt der in allem aufleuchtenden göttlichen Herrlichkeit eine umfassende Interpretation des Seins, so kommt die Theologie nicht um die Aufgabe umhin, über die ebenso umfassende Seinsinterpretation der Metaphysik Rechenschaft abzulegen. 2. Das geschichtliche Argument der Tradition. Die Kirchenväter folgten grundsätzlich dem paulinischen Beispiel, als sie, um die Mission der heidnischen Welt wirksamer zu machen, mit den zeitgenössischen philosophischen Strömungen einen kritischen Dialog führten und im Lichte des christlichen Glaubens mit der Ausdifferenzierung einer eigens christlich inspirierten Philosophie zur Entwicklung des philosophischen Denkens selbst beitrugen. Obwohl im Laufe des Dialogs immer wieder die Gefahr der Verstellung und Auflösung der originären biblisch-christlichen Wahrheit zu sehen war, sei es durch das Verschmelzen der philosophischen und der biblischen Lehre im Mythos der Gnosis, oder durch die Entleerung der Offenbarung Christi im Rahmen der hellenistischen Philosophie (siehe Arianismus), dennoch zeigt das Werk der Kirchenväter und der Konzilien, dass es möglich war, einen dritten und erfolgreichen Weg zu gehen. Das ist der mühsame Weg ertragreichen Dialogs und kritischer Integration, der danach strebt, „die geschlossene Systematik des griechischen Denkens (und entsprechend der einzelnen Systembegriffe) aufzusprengen, zu verdehnen, zu transponieren, um daraus mögliche Ausdrucksformen zu gewinnen für das Mysterium des freien Gottes, der in Christus frei Mensch geworden war, um den sündigen Menschen zu befreien”.5 3. Das hermeneutische Argument umfassenderen Verstehens der Offenbarung. In der Aeropagrede setzt Paulus die Suche nach dem „Göttlichen“, d.h. die religiös-philosophische Suche nach dem letzten Sinn der Existenz kategorisch als von Gott gewolltes Bestreben, zugleich merkt er aber an, wie zufällig und unsicher dessen Ergebnis ist (Apg. 17,27). So kommentiert Balthasar die Stelle in der Heiligen Schrift: „Mensch ist offenes Fragen nach dem Seinsund Sinnhorizont hin, in der Hoffnung und Erwartung, dass die so wesenhaft vorgetragene Frage nicht enttäuscht werden wird, und je offener sein suchendes Fragen bleibt, desto mehr Chance besteht, dass die Antwort, falls sie von Gott her ertönen sollte, gehört und zentral verstanden wird.”6 An diesem Punkt 5 EPh 8. 6 EPh 4.