Folia Theologica et Canonica 7. 29/21 (2018)

Sacra theologia

DER PRIESTER IN DER ANZIEHUNG VON CHRISTUS 71 des Menschenwerdens und der Erlösung beleuchtet. Die Herrlichkeit von Gott und das Heil der Seelen wird die grosse Triebkraft sein. Sie lieben Gott jetzt schon von ihrer ganzen Seele aber noch nicht von ihrem ganzen Geist. (...) In dieser Periode teilt sich der Weg in zwei Zweige. In dem einen sind eher die Geschenke des Verstands im Übergewicht; diese werden die Kontemplativen sein. Der andere Weg wird durch die Geschenke des Willens geprägt (Stärke, Angst), sie werden die grossen Apostel sein. Beides ist zur gleichen Zeit eine mystische Phase. In diesem Zustand besteht das Gebetsleben im einfachen Er­greifen und Betrachten der Wahrheit, hier fehlt die Klügelei, das Überlegen und der Beweis. (...) Die Seele muss jedoch auch in dieser Phase weiter geklärt werden, denn es kann leicht eine Art Selbstgefälligkeit und geistige Streberei auftreten. Der Krampf des Ichs löst sich noch nicht völlig; Schäden kann die reine Absicht erleiden, die Tiefe der Seele gehört nocht nicht ganz Gott. (...) Darum trifft die finstere Nacht der Seele ein. Gott verweigert in dieser Phase nicht nur das affektive Trösten sondern er bedeckt auch den Geist mit Dunkel­heit. Vom Glauben konnte der Wegsuchende mit den Worten von Paulus sa­gen: Ich weiss, wem ich geglaubt habe und ich bin dessen sicher; aber jetzt stürmt das Gerüst der Credibilia, der glaubhaften Dinge zusammen und folgt die nuda fides, der nackt gewordene Glaube. Die Seele schwebt zwischen Him­mel und Erde; der Himmel hat sich über ihr zugeschlossen und die Erde hat un­ten für sie verblasst. Stürzen will sie nicht, zum Hinaufklettern hat sie keine Kraft. Der Glaube ist Gottes Geschenk, das hat Er ihr nicht weggenommen, aber aus dem Glauben entspringt kein Trost und keine Freude. Danach (oder parallel damit) kommt die Befriedigung der Hoffnung. Bis dahin hat sie diese Kraft vorwärts gebracht, und als Resonanz meldete sich das sichere Wissen, dass sie auf dem rechten Weg geht. Jetzt drückt sie die Hoffnungslosigkeit als eine schreckliche Last. (...) In dieser Phase wird Gott selbst zu einem Problem. Das Gebet wird fast unmöglich”. Auch diese Etappe läuft die Gefahr des Schei­­terns, und wer nicht kann oder nicht wagt weiter zu riskieren, der flüchtet sich erschrocken in sichere Stellen zurück (sicheres Kirchenamt, das Tragen von grosser Würde usw.). In der dritten Phase tritt der Heilige Geist sozusagen aus seinem Versteck in der Gestalt und durch die Vermittlung des Geschenkes der Weisheit heraus. Da „sich in diesem Geschenk die Verstands- und Willensmo­mente vereinigen, lernen die Kontemplativen und die Apostel Gott deshalb hier auf dem Gipfel auf eine Art Erfahrung (modo quasi experimentali) kennen. Bis jetzt haben sie sich durch die Geschöpfe zu Gott erhoben, jetzt sehen sie die Geschöpfe im Lichte von Gott. Hier sprechen die Meister des spirituellen Le­bens von drei Stufen: a) Ruhegebet: in diesem Fall wenden sich die Fähigkeiten der Seele mild nach innen und in der grossen Ruhe spüren sie die Nähe von Gott. Das Ge­dächtnis und der Verstand können noch abschweigen, aber der Willen vermag der Gegenwart von Gott nicht mehr zu entreissen. Die Seele kann in diesem

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