Folia Theologica et Canonica 7. 29/21 (2018)

Sacra theologia

DER PRIESTER IN DER ANZIEHUNG VON CHRISTUS 69 Gebet ist der sprechende Glaube, wozu natürlich das ernste und regelmässige Üben des Gebets nötig ist.18 Das Gebet ist natürlich nicht nur ein Gotteslob, sondern auch das Treffen mit uns selbst. Es ist sozusagen ein Hinabdringen in die Tiefe unseres Wesens, und das Verweilen in unserem persönlichen Ego­zentrum sowie das Bewusstmachen der von dort kommenden Informationen; es ist ein Forum, wo wir Kraft sammeln, wo wir in der Zeit der Gefahr Zuflucht finden, aber es ist auf keinen Fall eine Flucht vor der Wirklichkeit. Das ist eher der Ort und Zustand, wo die grossen Fragen des Seins ertönen, wo wir die Stimme unseres Gewissens hören, wo wir uns verantwortungsvoll fühlen und denken. Das Gebet ist ein inneres Verhalten, „in dem man alles sein kann, was er nicht ist, was künstlich ist, damit er sich an das Seiende nackt wendet. Und damit er in seinem Ficht baden kann. Alle Masken enthüllen sich, jede Rheto­rik wird stumm. (...) Im Gebet schreiben wir unsere eigene Geschichte unmit­telbar im Zusammenhang mit Gott. Wer sich einmal aus den wirren, verwickel­ten und nichtssagenden Fäden des alltäglichen Lebens vollständig ausschalten und völlig sich selbst werden kann, der betet schon”.19 Das ist eine Art Marschi­eren in die Zukunft, was den ganzen Menschen in Bewegung setzt.20 Das wahre Gebet macht einen immer gefasst, was „nicht nur der Gegenteil des Zerstreut­seins ist, sondern das eigentliche Innewerden der Persönlichkeit. Das ist ein Durchbruch gegen die Tiefe. Nach den Worten vom heiligen Benedikt ist das ein habitare secum, Ankommen in uns selbst, Landung bei uns selbst. Bei sol­chen Fällen lösen wir uns aus dem Zug der kleinen und grossen Aktivitäten, und wir tauchen zum grundhegenden Ziel und Zweck des Daseins, zu unserer ewigen Bestimmung, zum heimlichen Tiefpunkt unserer Seele (fundus animi), wir befreien uns davon, dass uns die Sachen besitzen. Und wenn wir uns in die­ser Tiefe oder aus dieser Tiefe an die konkreten Sachen wenden, erhalten sie hier diejenige Stelle, die ihnen vor Gott zukommt. Das ist eigentlich das Ge­fasstsein: Wir beten in der Gegenwart von Gott. Seine Liebe erfüllt uns und be­deutet die Atmosphäre für unser Leben, sie klingt durch die gerade folgenden Obliegenheiten; sie erlaubt nicht, dass wir uns in den aktuellen Obliegenheiten verlieren. Sie hält uns dessen bewusst, dass, was wir zur Zeit machen, nicht entscheidend ist. Das oberflächliche Gefasstsein beachtet den Inhalt des Gebe­tes (was wir sagen), den weiteren Fortschritt bedeutet aber, dass wir beim Ge­bet Gott zuhören (wem wir es sagen), dem fernen Gott. (...) Das letztendliche Gefasstsein kommt dann, wenn der in der Tiefe der Seele anwesende und ir­gendwie erfahrbare, spürbare Gott unsere Aufmerksamkeit zu ihm selbst lenkt. Wenn wir den Weg des Gebetes beginnen, denken wir, dessen Wesen ist das Reden. Später ändern wir diese unsere Auffassung und wir denken, dessen 18 Vgl. Halász, P., Krisztus él énbennem [Christus lebt in mir], Budapest 2010. 23-24. 19 Vgl. Halász, P., Krisztus él énbennem, 193. 20 Vgl. Halász, P„ Krisztus él énbennem, 194.

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