Folia Theologica et Canonica 7. 29/21 (2018)
Sacra theologia
DIALOGISCHE FREIHEIT ALS WEG ZUM VERSTEHEN DER THEO-DRAMATIK 107 3. Konkretisierende These im Raum der Christologie: Trinitarische Freiheit der Hingabe als göttliches Urbild der geschaffenen Freiheit Balthasars Verhältnisbestimmung von endlicher und unendlicher Freiheit, wie er sie in Theodramatik II, 1 im Sinne einer analogia libertatis vorgestellt hat, findet ihre theologische Profilierung in Theodramatik 11,2 im Raum einer trinitarisch angesetzten Christologie, sofern nach Balthasar in Jesus Christus und seiner Sendungsgestalt zugleich der Raum der trinitarischen Freiheit in den Raum eines geschichtlichen Menschseins endlicher Freiheit „eingespielt“ wird. Damit wird für Balthasar die Christologie und - stets zugleich mit ihr - die Trinität zur freiheitstheologischen Mitte der Theodramatik. Denn in der christo-logischen Sendungsgestalt des menschgewordenen Sohnes Gottes wird die endliche, d.h. konkret: sündige, in sich verschlossene Freiheit, wieder auf ihre Gottesbeziehung eröffnet. Insofern ist nach Hans Urs von Balthasar die Christologie mit dem Wort Gregors von Nyssa so exakt wie nur möglich charakterisiert, wenn dieser in Bezug auf die erlöste Freiheit in Christus sagt: „Unser Spiel spielt in seinem Spiel“9. In diese christo-logische Freiheit zu Gott wird sie im Raum der Sendung des Sohnes in der Vermittlung des Geistes ermächtigt, der als der Geist des erhöhten Herrn der Geist seiner Sendung an und für den Menschen ist. Damit spielt sich im Christusdrama der Raum der trinitarischen Freiheit selbst in die geschichtliche Freiheit des Menschen ein. Wie ist nun diese Freiheit zu charakterisieren? Kurz zusammengefasst als die wechselseitige Hingabe von Vater und Sohn in der Communio des Geistes. Damit ist das Wesen des drei-personalen Gottes gerade nicht als eine in sich ruhende Substanz zu begreifen. Vielmehr zeigt sich eine lebendige Dynamik wechselseitiger Öffnung auf das Du von Vater und Sohn im gemeinsamen Geist. Anders: Im trinitarischen Gott selbst vollziehen sich Besitz und Selbsthingabe, Einheit und Differenz, positiv in-ein-ander als die konkrete Wirklichkeit des Wesens Gottes als Liebe. Und Liebe ist relational bzw. kommunial, weil Liebe immer auf die Einheit mit einem Du zielt, sodass sie als die Wir-Einheit konkret ist. So zeigt sich nach Balthasar in der Trinität die konkrete Wirklichkeit Gottes als die Communio der Liebe, die sie vor allem in der Trinitätstheologie der griechischen Patristik im Modell der Perichoresis, des wechselseitigen sich Umtanzens der göttlichen Personen, angenähert wird. Anders und wieder mit Balthasar formuliert: Der trinitarische Gott ist absolute Freiheit in der Einheit der wechselseitigen Ex-tase von Vater und Sohn im Geist. Und eben darin ist er das Urbild aller geschaffenen Freiheit, die ihre relational-transzendierende Seins-struktur als Ausdruck ihrer Imago Dei im Sinne des trinitarischen Abbildes Gottes in sich hat. Dies aber bedeutet zugleich, dass die geschaffene Freiheit erst dort zu ihrer personalen Freiheit und Identität freigesetzt wird, wo sie 9 Vgl. dazu Stinglhammer, H., Freiheit in der Hingabe, 125ff.