Folia Theologica et Canonica 7. 29/21 (2018)

Sacra theologia

108 HERMANN STINGLHAMMER durch ihn und mit Christus am Wesen der drei-personalen Freiheit Gottes selbst Teil bekommt, die das Wesen der Liebe als Hingabe ist. Und der konkrete Weg der endlichen Freiheit ist - zumal im Raum der Sünde - der Weg in der per­sonalen Nachfolge Jesu Christi, wie sie sich ihr in der Sendung des Geistes zu­spielt.111 In dieser freiheitstheologischen Spur liegen daher auch nach Balthasar die großen christologischen Aussagen des Johannesevangeliums, wonach sein Wort und seine Wahrheit es sind, die den Menschen befreien (vgl. Joh 8.32). dass er darum in seiner Sendungshingabe an den Vater und die Menschen „Weg, Wahrheit und Leben“ (vgl. Joh 14,6) ist. Das Gleiche gilt nach Balthasar für Paulus, der diese Christuserfahrung mit seinem Wort vom „In-Christus- Sein“ übersetzt, in dem der Mensch „zur Freiheit befreit“ wird (vgl. 2 Kor 5,17 mit Gal 5,1). Aus dieser relationalen und kommunialen Sicht der göttlichen Trinität als eine Einheit im Wir ergeben sich entscheidende theologische Konsequenzen, die für Balthasars Theodramatik maßgeblich und bestimmend sind. Darauf gehe ich kurz ein. Erstens: Wo Differenz (Vielheit) positiv zur göttlichen Wirklichkeit ge­hören, ergibt sich für die Vielheit der geschöpflichen Welt, dass sie nicht als Abfall vom Einen zu denken und als negatives oder nichtiges Sein zu werten ist." Die geschöpfliche Vielheit als solche ist vielmehr positives Abbild des tri­­nitarischen Gottes, der gerade so auch die Vollendungsgestalt der vielgestalti­gen Schöpfung sein kann, weil die Trinität nicht differenzlose Einheit, sondern Einheit als Vielheit ist. Zweitens bedeutet dies auch, dass das Soziale der end­lichen Freiheit positiv zu ihrer Imago Gottes gehört. Nicht die Autarkie des in sich geschlossenen Individuums ist der Sinngehalt endlicher Freiheit, sondern ihr kommunialer Wir-Charakter, in dem sie sich als Liebe vollzieht.10 11 12 Deshalb hat nach Balthasar die Kirche die trinitarische Analogie in ihrer Communio­­gestalt abzubilden. Eschatologisch findet diese Communiogestalt der Liebe die Vollendung durch ihre geschöpfliche Einwohnung im Raum der Trinität selbst, in der sie sich als communio sanctorum vollenden darf. In dieser Hinsicht spricht Balthasar von der Trinität als einer „Metaanthropologie“:13 Der trinita­rische Gott erweist sich als das erfüllende Urbild der geschöpflichen Freiheit, die in Gott gründet und die sich im Raum der christo-logischen Freiheit des menschgewordenen Sohnes Gottes auf ihr göttliches Ziel hin öffnen kann. 10 Vgl. dazu Balthasar, H. U. v., ln Gottes Einsatz leben, Einsiedeln 1972.2 Balthasar. H. U. v.. Christlicher Stand, Einsiedeln 1977.2 11 Vgl. dazu Balthasar, H. U. v., Mein Werk. Durchblicke, Einsiedeln-Freiburg 1990. 95IT. 12 Vgl. Stinglhammer, H., Freiheit in der Hingabe, 83. Wesentliche Impulse für seine soziale Sicht von Freiheit wachsen Balthasar auch durch die Philosophie Maurice Blondeis zu. der Per­son nur im Kontext des Miteinanders kennt. 13 Balthasar, H. U. v., Mein Werk. Durchblicke, 92.

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