Folia Theologica et Canonica 6. 28/20 (2017)

IUS CANONICUM - Stephan Haering OSE, Joseph Hollweck und sein Werk „Die kirchlichen Strafgesetze“ anmerkungen anlässlich der anstehenden Reform des kirchlichen Strafrechts

JOSEPH HOLLWECK UND SEIN WERK „DIE KIRCHLICHEN STRAFGESETZE“... 225 gesamt wohl mit einer Tendenz zur strengeren Interpretation, erhält seine spezi­fische Bedeutung dadurch, dass der Autor seine Sichtweise in späteren Jahren, mehr als andere, in die Erstellung des kirchlichen Gesetzbuchs einfließen las­sen konnte. Zusammenfassende Bemerkungen Vor hundert Jahren sind die Rechtskultur und die Rechtspflege der katholischen Kirche durch die Kodifikation der kanonischen Gesetze in eine historisch neue Phase eingetreten. Mit einer zeitlichen Verzögerung gegenüber dem weltlichen Recht und von weltlich-rechtlichen Vorbildern angeregt, hat sich auch die Kir­che damals einer systematisch-abstrakten Fassung der eigenen Rechtsordnung in einem Gesetzbuch zugewandt.77 78 An der praktischen Umsetzung dieses gro­ßen Projektes waren zahlreiche Akteure beteiligt, unter ihnen auch der Eich- stätter Kanonist Joseph Hollweck. In der Person Joseph Hollwecks begegnet uns ein Lehrer und Forscher des Kirchenrechts von hohem fachlichem Rang, der der Kirche an vielen Stellen gedient hat, nämlich als Seelsorger und als Ausbilder künftiger Priester, als Professor und als Berater, als kirchlicher Richter und als Domkapitular. In sei­ner kirchenpolitischen Ausrichtung haben ihn zweifellos die Erfahrungen des Kulturkampfes mitgeprägt, welche die katholische Kirche in Deutschland vor allem während der Studienjahre Hollwecks machen musste.7* So hat Hollweck bereits in seinem jungen Lebensalter eine ultramontane, dem Papsttum gegen­über besonders loyale Haltung angenommen und diese dauerhaft beibehalten. Im Hinblick auf die universale Kirche hat Joseph Hollweck als Mitarbeiter an der Erstellung des CIC (1917) Bedeutung erlangt. Sein vielbeachtetes Buch „Die kirchlichen Strafgesetze“ hat ihn für die Funktion eines Mitarbeiters der 77 Während im Bereich des weltlichen Rechts die Zeit des Kodifikationsgedankens heute an ihr Ende gekommen zu sein scheint, ist in der Kirche noch keine erhebliche Tendenz zur Abkehr von der Rechtskodifikation auszumachen; vgl. KORIOTH, S., Die Bedeutung von Kodifikationen für die Rechtskultur und das Rechtsdenken in Staat und Kirche, in Zur Debatte. Themen der Katholischen Akademie in Bayern 47/5 (2017) 25-28. 78 Vgl. Lill, R., Der Kulturkampf in Preußen und im Deutschen Reich (bis 1878), in Jedin, H. (Hrsg.), Die Kirche in der Gegenwart. Zweiter Halbband: Die Kirche zwischen Anpassung und Widerstand (Handbuch der Kirchengeschichte VI/2), Freiburg-Basel-Wien 1973. 28-48. Hart- mannsgruber, F„ Der Kulturkampf in Bayern (1871-1890), in Brandmüller, W. (Hrsg.), Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte, III. (wie Anm. 20), 245-262. Hausberger, K., Auf Konfrontation zur Katholischen Kirche. Der Kulturkampf in Bayern, in Bonk, S. (Hrsg.), Königreich Bayern. Facetten bayerischer Geschichte 1806-1919, Regensburg 2005. 119-137. Becker, W„ Der Kulturkampf in Preussen und in Bayern. Eine vergleichende Betrachtung, in Zedler, J. (Hrsg.), Der Heilige Stuhl in den internationalen Beziehungen 1870-1939, München 2010.51-91.

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