Folia Theologica et Canonica 5. 27/19 (2016)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Dämonenaustreibung (Exorzismus) und ihre Liturgie

48 GÉZA KUMINETZ Diesem bösen Einfluss kann sich die Kirche widersetzen, und zwar mit dem Exorzismus. Natürlich braucht man den Exorzismus nur im äussersten Fall, wenn sich die Methoden der Medizin nicht als wirksam erweisen.29 Die Beses­senheit ist eine Art zweiter Tod, und es ist nicht sicher, dass der Besessene selbst dafür schwer verantwortlich ist, darum kann die Besessenheit in sich selbst nicht als eine schwere Sünde betrachtet werden; sogar der Besessene selbst soll aus der Sklaverei des Bösen befreit werden.30 Wir müssen den Besessenen eher als ein Opfer betrachten, der in seiner Freiheit schwer verhindert ist.31 Was eigentlich letzten Endes der Exorzismus und seine Funktion in der ka­tholischen Kirche sind, darüber spricht der Katechismus der Katholischen Kirche kurz und bündig: „Wenn die Kirche öffentlich und autorativ im Namen Jesu Christi betet, damit eine Person oder ein Gegenstand vor der Macht des bösen Feindes beschützt und seiner Herrschaft entrissen wird, spricht man von einem Exorzismus. Jesus hat solche Gebete gesprochen (Vgl. Mk 1,25-26); von ihm hat die Kirche Vollmacht und Auftrag, Exorzismen durchzuführen (Vgl. Mk 3,15; 6,7.13; 16,17). In einfacher Form wird der Exorzismus bei der Feier der Taufe ausgeübt. Der feierliche, sogenannte Grosse Exorzismus darf nur von einem Priester und nur mit Erlaubnis des Bischofs vorgenommen wer­den. Man muss dabei klug vorgehen und sich streng an die von der Kirche auf­gestellten Regeln halten. Der Exorzismus dient dazu, Dämonen auszutreiben oder die Menschen vom Einfluss der Dämonen zu befreien und zwar kraft der geistigen Autorität, die Jesus seiner Kirche anvertraut hat. Etwas ganz anderes sind Krankheiten, vor allem psychischer Art; solche zu behandeln ist Sache der ärztlichen Heilkunde. Folglich ist es wichtig, dass man, bevor man einen Exor­zismus feiert, sich Gewissheit darüber verschafft, dass es sich wirklich um die Gegenwart des bösen Feindes und nicht um eine Krankheit handelt.32 29 Vgl. Über die Magie und die Dämonologie. Pastorale Anweisung der Bischofskonferenz von Toscana (Italien). Vgl. Cozzi, A., Approccio teologico-sistematico ai diavolo. La connotazione demoniaca dell’esperienza de! male, in La Scuola Cattolica 135 (2007) 345-353. Ferner bemer­ken wir, dass die katholische Kirche einer der ersten und ewigen Verbündeten der wahren Wis­senschaft ist, denn eins ist das Wort, der Logos sowohl in der Schöpfung als auch in der Er­lösung. Darum respektiert die katholische Theologie und mit ihr die Pastoration die gesunde Selbstständigkeit der Wissenschaft. Im Laufe der Geschichte können beide Übertreibungen Vor­kommen: manchmal verlangt die Wissenschaft eine zu grosse Selbstständigkeit, aber es kommt auch vor. dass die Theologie die Wissenschaft bevormunden will. 30 Vgl. Marini, F., La liturgia dell’esorcismo, 60. 31 Vgl. Pistoia, A.. Riti e preghiere di esorcismo: Problemi di traduzione, 237. 32 Vgl. KKK 1673.

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