Folia Theologica et Canonica 5. 27/19 (2016)
SACRA THEOLOGIA - Imre Kocsis, Die Gnade Gottes und der Heilige Geist in der Rechtfertigungslehre des Apostels Paulus
24 IMRE KOCSIS heißt das Besitzen des gnädigen Wohlwollens Gottes garantiert eine feste Hoffnung darauf, dass der Glaubende, trotz seiner Schwächen, auch am Endgericht stehen wird. Darauf bezieht sich die Mahnung in Röm 14,4: „Wie kannst du den Diener eines anderen richten? Sein Herr entscheidet, ob er steht oder fällt. Er wird aber stehen; denn der Herr bewirkt, dass er steht.“ Es fällt auf, dass sich die Aufmerksamkeit auch in den folgenden Versen des besprochenen Abschnittes (Röm 5,2b-5) auf die Zukunft, auf die Vollendung des Heils gerichtet ist. Nach einer Tugendkatalog hebt Paulus die Wichtigkeit der Hoffnung hervor, deren Grund die von dem Heiligen Geist in uns „ausgegossene“ Liebe Gottes ist: „Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5). Paulus spricht oft von dem Heiligen Geist als der ersten Gabe Gottes (vgl. Röm 8,23; 2Kor 1,22; 5,5) sowie vom Einwohnen des Heiligen Geistes in den „Herzen“ (beziehungsweise im Innern der Gläubigen) (vgl. Röm 8,26; IKor 3,16; 6,16; Gal 4,6). In unserem Text liegt aber der Akzent nicht so sehr auf den Geist, sondern auf die Liebe Gottes, die uns durch den Heiligen Geist vermittelt wird. Bemerkenswert ist, dass Gottes Liebe auch in V. 8 erwähnt wird: „Gott aber hat seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ Die Liebe Gottes offenbarte sich in dem versöhnenden Tod Jesu Christi, welcher Tod als unübertreffliches Beispiel der Feindesliebe vorgestellt wird. Und diese Liebe wird zu einer ganz persönlichen Gegebenheit dadurch, dass der Heilige Geist als „der Geist der Sohnschaft“ (jiveñpct DÍoBeaíag) uns immer wieder bewusst macht, dass wir Kinder und Erben Gottes sind (Röm 8.14-17). Wir können also sagen, dass Gott uns durch den Heiligen Geist in seiner Liebe erhält, und zugleich ist es der Heilige Geist, der die Liebe Gottes uns unaufhörlich bezeugt und von deren Gewissheit (vgl. Röm 8,39) uns innerlich überzeugt.2' Zweifellos hängen Gnade und Liebe eng zusammen. Beide manifestierten sich in einem vergangenen Ereignis und beide bestimmen in der Gegenwart das Leben der Christen. Obwohl Paulus andere Gesichtspunkte hervorhebt - die Gnade erscheint als äußere erhaltende Kraft, die Liebe hingegen als das Herz durchdringendes und bestimmendes Moment -, besteht jedoch kein Zweifel, dass es sich um dieselbe Wirklichkeit handelt. Wie U. Wilckens treffend formuliert: „Die Gnade aber ist nichts anderes als die Kraft der Liebe Gottes“.21 22 21 M. Wolter meint, dass die Präposition 8tá in dem besprochenen Satz „nicht imstrumental, sondern modal“ wiederzugeben ist. „Mit dem Heiligen Geist ist die Liebe Gottes in die Herzen der Glaubenden gegeben. Gottes Geist in »uns« wird damit zum Repräsentanten der Liebe Gottes, der die Menschen verändert, er wird - um eine traditionelle Formulierung aufzunehmen - zum »Geist der Liebe Gottes«“ Wolter, M., Der Briefern die Römer, 327. 22 Wilckens, U., Der Brief an die Römer, 292.