Folia Theologica et Canonica 4. 26/18 (2015)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, „Philosophische" Anthropologie

76 ZOLTÁN ROKAY Der durch den Marxismus propagierte Materialismus,23 und der Atheismus im Interesse des Menschen (Marx, Nietzsche, Sartre)24 hat auch das Menschen­bild wesentlich verändert und die traditionälle philosophische Anthropologie in Frage gestellt. Sartre und Merleau-Ponty haben den Blick im Sinne einer spezifisch ver­standen Phänomenologie, aber auch in einer Konfrontation mit Bergson - auf die „Leiblichkeit" des Menschen gerichtet.25 Einerseits durch die genannten geistesgeschichtlichen Strömungen provo­ziert, andererseits „im Interesse der eigenen Sache”, haben auch Theologen die Frage: „Was ist der Mensch?”2'’ gestellt. So von der transzendentalen Methode der Maréchal-Schule wird das erkennende Subjekt als fragendes, urteilendes, erkennendes, und die Wiederentdeckung der Möglichkeit einer „Synthesis a-priori” in den Mittelpunkt gerückt und so mit Hilfe von Heidegger (Rahner) und Husserl (Coreth) eine Anthropologie konzipiert (Coreth: Was ist der Mensch? - Rahner: Hörer des Wortes). Auch die protestantische Theologie liess ihre Stimme massiv hören. So Wolfhart Pannenberg, nicht nur durch sein Büchlein: „Was ist der Mensch?” (1962),27 sondern auch durch sein voluminöses Werk: „Anthropologie in theo­logischer Perspektive” (1983, 540 Seiten). - Pannenberg, wie auch seine Zeit­genossen, sind damit einverstanden, dass die philosophische Anthropologie die Ergebnisse der anderen Wissenschaften nicht ignorieren kann. Er betont vor al­lem die Geschichtlichkeit des Menschen, und im Sinne von Gerhard Ebeling28 das „Angesprochensein” des Menschen, des Wesens, welches des logos mäch­tig ist: also der Verantwortung schuldig und fähig ist (zoon logon ehon). Wenn man das bisher Gesagte quittiren will, so ergibt sich: Der Mensch als eine Ein­heit, komplexe Wirklichkeit, reflektiert über sich selbst. Er nimmt die Ergeb­nisse der Einzelwissenschaften zur Kenntnis. Dabei „transzendiert er” - in der Erkenntnis, in der Sprache, in den Wünschen sich selbst und die umgebende Wirklichkeit und greift in das ihn transzendierende vor. Dabei erfährt und ver­steht er diesen Vorgriff nicht als Teuschung, sondern als real, ihn betreffend, sein menschliches Dasein durch die Sinngebung ermöglichend. 23 Marx, K., Über Feuerbach („Thesen"), 1888. s.l. 24 Nietzsche, F„ (Studienausgabe), Berlin 1999. 25 Sartre, J. P., L’ Être et le néant, Paris 1943. Ponty, M.M., Phénoménologie de la perception, Paris 1945. ders. La structure du comportement, Paris 1967. 26 Rahner, Y,.,Hörer des Wortes, München 1963; ders. Theologie und Anthropologie. Schriften zur Theologie, Vili. 43-61. Zürich 1987. Coreth, E., Was ist der Mensch?, Innsbruck 1980. 27 Ganoczy, A., Neue Aufgaben der christlichen Anthropologie, in Concilium 9 (1973) 417. Ebd. Pannenberg, W., Das christliche Fundament christlicher Anthropologie, 425; ders. Was ist der Mensch?, 1962. Anthropologie in theologischer Perspektive, Göttingen 1983. 28 Ebeling, G„ Die Evidenz des Ethischen, in ZThK 57 (1960) 318.

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