Folia Theologica et Canonica 3. 25/17 (2014)
SACRA THEOLOGIA - Imre Kocsis, Der Einfluss von Dan 7 auf die Johannes-Offenbarung
FOLIA THEOLOGICA ET CANONICA (2014) 27-39 Imre Kocsis DER EINFLUSS VON DAN 7 AUF DIE JOHANNES-OFFENBARUNG I. Die Menschensohntexte in der Johannes-Offenbarung; II. Das Tier aus dem Meer; 13,1-8; Abschluss Es ist wohlbekannt, dass das Alte Testament einen sehr starken Einfluss auf den Verfasser der Johannes-Offenbarung geübt hat. Dies zeigt sich nicht in langen wörtlichen Zitaten, sondern in Zitatanklängen und Anspielungen.1 Wie P. Po- komÿ und U. Heckei treffend bemerken, „werden alttestamentliche Traditionen nicht als Argumentationsstütze direkt zitiert, sondern nur andeutungsweise als Assoziationshintergrund und Deutungshorizont eingesetzt.”2 Offensichtlich nimmt der Verfasser auf die Bücher Bezug, die durch Bildsprache und eschatologische Orientierung gekennzeichnet sind. Das Buch von Daniel ist zweifellos eine aus diesen Schriften. Darüber hinaus gehört es zu derselben literarischen Gattung (Apokalyptik) wie die Johannes-Offenbarung. Eine bestimmte Verbindung kann man fast mit jedem Kapitel des Danielbuches feststellen, aber am häufigsten wird auf das siebte Kapitel hingewiesen, das auch im Danielbuch eine Schlüsselbedeutung hat. Dan 7 besteht aus zwei Teilen; aus einer Vision (7,1-14) und aus ihrer Interpretation (7,15-28). Die Vision beginnt mit der Darstellung von vier Tieren, dann folgt die Beschreibung des Endgerichts, das von dem Hochbetagten (Gott) und von seinen Begleitern gehalten wird. Danach erscheint der Menschensohngleiche, der von dem Hochbetagten „Herrschaft, Würde und Königtum” bekommt. In der Interpretation der Vision werden die vier Tiere mit vier Königen - die vier Königreiche repräsentieren - identifiziert, während der Menschensohngleiche mit den Heiligen des Höchsten, das heißt mit den verfolgten und treu gebliebenen Israeliten gleichgesetzt wird. Dem Verfasser der Johannes-Offenbarung haben besonders die Tiervision und die Menschensohnvision als Anregung gedient. In zwei Stellen (Offb 1,13; 14,14) erscheint eine Gestalt, die als „einer gleich dem Menschensohn” eingeführt ist, und in einer dritten Stelle (1,7) wird ein klarer Bezug auf Dan 7,13 1 Diese alttestamentlichen Anklänge und Anspielungen werden aufgeführt von Vanni, U., Apo calisse e Antico Testamento: una sinossi, Roma 1987. 2 Pokorny, P. - Heckel, U., Einleitung in das Neue Testament, Tübingen 2007. 593.