Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Attila Puskás, Traditionsauslegung am Konzil von Trient

TRADITIONSAUSLEGUNG AM KONZIL VON TRIENT 95 einnimmt, wesentliche Anhaltspunkte für eine Antwort auf diese Frage. Wie gezeigt, unterwirft sich das Konzil als Magisterium der Autorität des Glaubens­bekenntnisses, der kanonischen Bücher und der apostolischen Traditionen als Leitfaden für die Lehre. Andererseits ist es als offizielles Amt des Magiste- riums seiner Selbstbestimmung nach authentischer Interpret der oben erwähn­ten Autoritäten geleitet durch den Heiligen Geist. Diese Selbstbestimmung des Konzils kommt zur Äußerung auch in der wiederkehrenden festen Wendung der Einführung der einzelnen Dekrete: „Das hochheilige ökumenische und all­gemeine Konzil von Trient, im Heiligen Geist rechtmäßig versammelt”.51 Wie darauf verwiesen wurde, zählt das Tridentinum die apostolischen Traditionen nicht auf und bestimmt nicht genau den Unterschied der apostolischen und kirchlichen Traditionen. In den einzelnen Dekreten aber verweist es im All­gemeinen oder ganz konkret, gelegentlich sogar ausgesprochen auf die apos­tolischen Traditionen. Daneben sind darin auch Stufenunterschiede in Bezug darauf zu lesen, was für eine bindende Geltung einige Traditionen der Lehre oder der Liturgie haben und was für ein religiöses Verhalten diese seitens der Gläubigen erfordern. So unterscheiden die Dekrete zwischen für das Heil für jeden notwendige, oder nur nützliche, bzw. rechte und mögliche Traditionen.52 In anderen Fällen lehrt es ausgesprochen die zwar nicht unbeschränkte Kompetenz der Kirche in der aktiven Formung einiger Traditionsinhalte. Dies setzt einen Unterschied zwischen kirchlicher und apostolischer Tradition voraus, obwohl die kirchliche Tradition der apostolischen entwachsen, deren veränderliche Fortinterpretation ist und jederzeit dem Heil diente. Der Minima­lismus des Dekrets Sacrosanta ist auch verständlich angesichts der grundsätz­51 „Sacrosancta Tridentina synodus in Spiritu sancto legitime congregata” (COD III. 660, 15); „Haec sacrosancta oecumenica et generalis Tridentina synodus in Spiritu sancto legitime congregata” (COD III. 662, 5; III. 663, 5; III. 663, 15; III. 665, 30; III. 671, 5 usw.); „Sacro­sancta oecumenica et generalis Tridentina Synodus (...), etsi in eum finem non absque peculiari Spiritus Sancti ductu et gubernatione convenerit” (DH 1635). 52 So lehrt das Konzil z.B., dass die heilige Messe zelebriert zu Gedenk und Ehre der Heiligen jahrhundertelang ein rechter kirchlicher Brauch gewesen ist, unbestreitbar und unleugbar. (DH 1744; 1755). Von diesem Brauch wird weder die apostolische Abstammung behauptet, noch, dass es zum Heil unbedingt notwendig wäre. Bezüglich den sieben Stufen des kirchlichen Ordens stellt es allgemein nur fest, dass es seit Anfang der Kirche bekannt und sie einzuführen recht für die Ordnung der Kirche gewesen ist (DH 1765). Es wird kein Wort über apostolische Herkunft oder unbedingte Heilsnotwendigkeit gesagt. Auch bezüglich der Ablässe sagt es, dass die Kirche die von Christus bekommene Macht der Genehmigung der Ablässe von frühesten Zeiten an ausübte (antiquissimis etiam temporibus) und, da für das Volk der Christen heilbrin­gend (christiano populo maxime salutarem), es beizubehalten ist (DH 1835). Als ähnlich gute und nützliche (bonum atque utile esse), von Uranfang des christlichen Glaubens an angenom­mene Praxis der Kirche (usum a primaevis christianae religionis temporibus receptum) bewertet es die Anrufung der Heiligen und die Verehrung der Reliquien und Bilder der Heiligen (DH 1821). In diesem Fall geht es keineswegs um eine Heilsbedingung oder eine ausgesprochen apostolische Tradition.

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