Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Attila Puskás, Traditionsauslegung am Konzil von Trient

96 ATTILA PUSKAS lichen und allgemeinen Absicht des Konzils auf allen vom Protestantismus bestrittenen Gebieten der Theologie das notwendige katholische Minimum apologetisch zu formulieren. Andererseits sind auch die Meinungsauseinander­setzungen innerhalb der katholischen Theologie bezüglich der Antworten auf die oben genannten Fragen Grund für einen Minimalismus. Um Grenzen ge­genüber der protestantischen Auffassung zu setzen war es unumgehbar not­wendig, zugleich aber genügend seitens des Konzils, einen Gleichklang der katholischen Lehre in den Grundfragen zu erreichen und aufzuzeigen. Die oben benannten Fragen betreffend unterließ weise das Konzil, als Amt eine offizielle Lehre zur Antwort zu geben, es ließ dies vielmehr der folgenden theologischen Forschung, Diskussion und späteren magisterialen Entscheidungen über. Letztendlich lässt das Streben nach Minimalismus am Konzil zweierlei anzumerken in Sachen der Diskussion/des Dialogs mit der protestantischen Theologie. Einerseits könnte man vielleicht sagen, dass das Tridentinum die Erfahrung, Kritik und Argumente reformierter Theologie bezüglich der Tradi­tionen und des Magisteriums nicht ernst genug nahm, da das Dekret zahlreiche berechtigte Fragen nicht beantwortet hat.53 Aus dieser Sicht scheint das Konzil vor allem, noch mehr, ausschließlich „nach innen“ zu belehren, seine Ad­ressaten sind die katholischen Glaubenden, zum Ziel hat es die katholische Identität zu stärken. Andererseits ist der Minimalismus als „eine Selbstbe­schränkung der Lehre“ des Konzils zu bewerten, die einen breiten Raum für die katholische Theologie öffnet, die offenen Fragen zu besprechen und sich mit den protestantischen Kritiken zu konfrontieren. Die katholische Kontroverstheologie hat nach dem Konzil eine durch Jahr­hunderte hin Geltung errungene Interpretation in den offen gebliebenen Fragen entwickelt, deren primäres Ziel die Stärkung der katholischen Identität war. Die dogmatischen Konstitutionen Dei Filius und Pastor aeternus am Ersten Vatikanischen Konzil erhoben den Anspruch, die vom Tridentinum offen gelassenen Fragen mittels der danach entstandenen Interpretation zu beant­worten. Die dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei Verbum des Zweiten Vatikanischen Konzils ist die nächste entscheidende Stelle dieser Interpretationsgeschichte, die mit der bisher höchsten Lehrautori­tät und aus meist umfassender Sicht die Fragen des Zusammenhanges Offen­barung -Heilige Schrift - Tradition - Magisterium - Kirche, angesichts der zu integrierenden Standpunkte der protestantischen Theologie thematisierte. Die Konstitution Dei Verbum knüpft bewusst an die Lehre des Dekrets Sacrosanta an mit dem Anspruch, unter dem breiteren Horizont der Selbstauslegung der 53 Meyer, M., Die ökumenische Neubesinnung auf das Überlieferungsproblem, in Versöhnte Verschiedenheit, 209-212.

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