Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

76 GÉZA KUMINETZ seine Tat sich selbst des Rechtes auf Leben beraubt hat.120 Die Todesstrafe nimmt dem Verurteilten die Möglichkeit der Besserung und Reue nicht völlig weg. Wenn wir die Frage so stellen, ob die Todesstrafe rechtmäßig und erlaubt sei, müssen wir sie unbedingt mit einem Ja beantworten. Wenn jedoch die Frage so gestellt wird, ob es erwünschenswert sei, die Todesstrafe bei der Rechtsordnung der einzelnen Staaten möglich zu machen, sollen wir darauf mit Nein antworten, vorausgesetzt, dass das „durch die Kultur und moralische Größe ermöglicht wird”.121 Das entspricht nämlich eher dem Geist der christli­chen Moral.122 Falls also die Leitung der Gesellschaft die Lage so beurteilt, dass diese schwerste irdische Strafe eingeführt, und im Interesse des Allgemein­gutes, der Stabilität und des Friedens der Gesellschaft etwa auf verschiedene Straftaten ausgedehnt werden soll, handelt sie auf erlaubte Weise. Heute sieht es übrigens so aus, dass die Mittel, mit Hilfe derer diese Strafart beseitigt wer­den kann, in der Hand der Macht vorhanden sind; daraus können wir jedoch nicht schließen, dass die Zeit der Todesstrafe als Strafart endgültig vorbei ist.123 Deshalb ist die Aufhebung oder Einführung der Todesstrafe im Grunde genom­men „keine strafrechtliche sondern eine politische Frage. Der Befehlshaber in der Politik könnte jedoch erst danach seine Entscheidung treffen, nachdem er das kulturelle Niveau, den Zustand der Ethik und die Lage der Kriminalität gründlichste untersucht hat”.124 Bezüglich der Einführung beziehungsweise Abschaffung der Todesstrafe kann eine Art von Periodizität festgestellt werden, deren Amplitude bis heute immer mehr nachlässt. László Noszlopi hat darauf nach Zsigmond Bodnár aufmerksam gemacht, nach dem die Gesellschaft im Laufe der Geschichte mal durch die Ideale in Bewegung gesetzt, das war das Zeitalter des Idealismus, mal durch die Fakten und Realitäten beherrscht worden ist. Ein jeder hat seine eigene Charakteristik. Während der Herrschaft des Idealismus nimmt der Wert und Einfluss des überpersönlichen Ansehens (Familienoberhaupt-, Lehr-, Wirt­schafts-, Richter-, Soldaten-, kulturellen, religiösen und staatlichen Autorität) zu, zusammen mit einem starken Pflichtgefühl. Wenn die Ideale des Realismus zur Herrschaft gelangen, werden die Menschen und Behörden im allgemeinen 120 Vgl. Diós, I., Halálbüntetés, in Diós, I. (főszerk.), Magyar Katolikus Lexikon [Todesstrafe, in Diós I. (Hauptred.) Ungarisches Katholisches Lexikon], IV. Budapest 1998. 520. 121 Vgl. Evetovics, K., Katolikus erkölcstan, II. 104. 122 Das wird heute vom kirchlichen Lehramt betont, nicht verleugnend jedoch die traditionelle Lehre. Vgl. Az Igazságosság és Béke Pápai Tanácsa, Az Egyház társadalmi tanításának kom­pendiuma, 207. 123 Vgl. Messner, J., Das Naturrecht, Innsbruck-Wien 1950. 547. HÄRING, B., Frei in Christus. Moraltheologie für die Praxis des christlichen Lebens Band, III. Freiburg-Basel-Wien 1989. 59-60. 124 Vgl. Földvári, ]., Magyar büntetőjog. Általános rész [Ungarisches Strafrecht. Allgemeiner Teil], Budapest 2003, 255.

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