Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

77 ERWÄGUNGEN ÜBER DIE STRAFE, MIT BESONDERER HINSICHT... durch die Freiheitsrechte aufgewühlt. Im Bereich des Strafrechtes kann die Wirkung des Realismus auf solche Weise gespürt werden, dass wir Determinist werden, den Angeklagten begünstigen, die Zurechnungsfähigkeit abschwächen und das Recht aus Nützlichkeits-, Wirtschafts- und Gesellschaftsgründen erk­lären. Die Unterhaltungsindustrie wird immer grösser, befolgt durch die sinnliche Liebe. Vor allem die materiellen Güter ziehen die Menschen mit einer äußerst großen Intensität an, das heißt die Industrie und der Handel stehen in höchster Blüte, viele Palaste werden gebaut, alles wird durch Licht über­strahlt, durch Pracht und Bequemlichkeit überhäuft. Das religiöse und fami­liäre Leben zerfällt sich immer mehr, es herrscht Zügellosigkeit, die eine ewige Unterhaltung, Spiel, allerlei Sportarten, Reisen und am meisten Musik braucht, um die Nerven zu beruhigen. Die Scheidungsprozesse und andere Rechtsstrei­ten vermehren sich, die Kriminalität nimmt zu und unter den Verbrechern gibt es viele Minderjährige. Auf dieselbe Weise wächst die Zahl der Verrückten und Selbstmörder, die Nervosität verbreitet sich ständig. Es kommen häufig Aufrühre, Empörungen vor, oft brechen blutige Revolutionen aus, wenn nach einem gesellschaftlichen Kataklysmus wieder die Ideale des Idealismus Zuflucht bieten, denn diese Herrschaft bedeutet Gesundheit, Ruhe und Glück für die Seele.125 Der Zeitgeist das heißt die Dominanz des Realismus drückt auch dem Strafrecht den Stempel auf, das ist sogar eben das Rechtsgebiet, das sich als ein empfindlicher Seismograph die Herrschaft dieser weltanschaulichen Auffas­sung zeigt. Das bedeutet konkreter bezüglich der Strafen und dementsprechend der Todesstrafe, dass in diesem Bereich seit Jahrhunderten eine Art humanisie­rende und spiritualisierende Vorgang geschieht,126 was in sich genommen für richtig gehalten werden kann, dem folgt jedoch die Verbesserung des religiö­sen und moralischen Zustands der Personen und Massen immer weniger, weil diese Auffassung das Wesen, die Bestimmung und den gesellschaftlichen Ort der Sünde und Sühne nicht auf eine holistische Weise sehen und behandeln kann. Und zwar darum, weil sie sich von der religiösen und moralischen Wurzel und Auffassung der Sünde und Sühne als dem notwendigen Grund des Strafrechtes losgelöst hat. Unsere Schlussfolgerung ist es deshalb, dass die Untersuchungen und Ver­suche für das wirksame Heilen der heranwachsenden und organisierten Krimi­nalität, der immer Schreienderen und im Laufe der Geschichte wiederholenden gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Wirtschaftskrisen und extremen gesell­schaftlichen Bewegungen die Aufmerksamkeit der gesund denkenden und die Macht verantwortungsvoll ausübenden Menschen immer wieder auf die katho­125 Vgl. NOSZLOPI, L„ Világnézetek lélektana, 194-195. 126 Vgl. Zöldy, M., Irány a büntetőjog ‘spiritualizálása’ felé [Voraus nach der ’Spiritualisierung’ des Strafrechts], in Angyal, P. - Baranyai, J. - Móra, M. (red.), Notter Antal Emlékkönyv [Gedenkbuch Antal Notter], Budapest 1941. 1119-1130.

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