Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

ERWÄGUNGEN ÜBER DIE STRAFE, MIT BESONDERER HINSICHT... 69 lebenslängliche Freiheitsstrafe. Beim letzteren erfolgt nach den Berichten der Experte eine tödliche Abstumpfung und keine Versöhnung mit Gott und dem Schicksal”.93 Ein weiterer Gesichtspunkt ist es, dass der Verbrecher nicht als Verbrecher geboren ist, sondern zuerst waren die schlechten Gewohnheiten und die Umgebung, nachher die verbrecherische Lebensführung, wegen der er mit dem tugendhaften Leben Schluss machte. Er hätte also die Gelegenheit gehabt, sich zu verbessern. Sein früheres Verhalten veranlasst die Gesellschaft berechtigterweise ihn endgültig als unverbesserlich zu betrachten.94 Der Schul­dige „ableistet sozusagen durch das Erleiden der Todesstrafe seine Schuld, er gleicht die bei der ’Wahrheit’ und ’Rechtsordnung’ verursachte Verletzung aus, und sowohl er als auch seine Angehörigen besitzen wieder die Vollkom­menheit ihrer gesellschaftlichen Achtung und menschlichen Würde”.95 3) Ein weiteres Argument gegen die Todesstrafe ist es, dass die Gesellschaft keinen Unschuldigen verurteilen darf, weil der Irrtum nach deren Ausübung nicht mehr geheilt werden kann. Es gibt keine Gelegenheit, ihn wiedergutzumachen. Die unschuldig erlittene Todesstrafe ist jedoch für Gott ein heldenhaftes Verdiensterwerben. Das Gewicht dieses Argumentes wird durch den Umstand abgeschwächt, dass die Beweismechanismen der Gerichte und die technischen Bedingungen der Darlegung der Beweise von heute sehr entwickelt sind, deshalb ist es praktisch ausgeschlossen, einen unschuldigen Menschen zu verurteilen (das Ziel der sogenannten Konzeptionsprozesse besteht nicht in der jeden Zweifel ausschließenden Beweisführung, sondern in der Vernichtung des politischen Gegners auf jeden Fall), die Schuldigkeit des Täters ist also mit moralischer Sicherheit festzustellen. Die Fällung eines Urteils setzt ferner sowohl die Unvoreingenommenheit als auch die Unbestechlichkeit der Richter voraus.96 Im Falle von allen anderen unschuldig Verurteilten entstehen uner­setzliche Schäden,97 besonders bei lebenslänglichen Freiheitsstrafen. Heute stellt trotzdem niemand die Rechtmäßigkeit der lebenslänglichen Freiheitsstra­fen in Frage, beziehungsweise wird nicht einmal die Abschaffung der Gefäng­nisstrafen verlangt. Hier ist also das Prinzip ‘abusus non tollit usum’ anzuwen­den. 4) Die Todesstrafe bedeutet eine zu schonungslose Art und Weise der Strafe: Heute sind die grausamen Hinrichtungsarten, die im Laufe der Ge­93 Weber, H., Speciális erkölcsteológia, 199. 94 Dieser Zustand ist möglich, weil er sich verstocken, also der Verbrecher eine unwiederrufliche Entscheidung für die verbrecherische Lebensweise treffen kann. Ein weiterer Gesichtspunkt ist es, dass der Mensch im engen Sinne des Wortes eigentlich nur bis zu seiner Volljährigkeit erzo­gen werden kann. Vgl. FINACZY, E., A nevelés fogalmának elemzése [Analyse des Begriffes der Erziehung], in Fináczy, E., Világnézet és nevelés. Tanulmányok. (Filozófiai Könyvtár 8 Szerkeszti: Komis Gyula) [Weltanschauung und Erziehung. Studien. (Philosophische Bib­liothek 8 red. von Gyula Kornis], Budapest 1925. 21. Nachher vermag die Sanktion bloss sein äusseres Verhalten zu verändern, unter Wirkung der Bedrohung der Erziehung. 95 Vgl. Busch, B. (red.), Büntetőjog. Általános rész, 228. 96 Vgl. Cathrein, V., Erkölcsbölcselet, II. 616. 97 Vgl. Eder, L., A halálbüntetés története és ethikai bírálata, 86.

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