Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

50 GÉZA KUMINETZ verursacht nämlich dem Nächsten Schaden. Der Schaden kann von materiel­lem, geistigem oder moralischem Charakter haben, und die Beziehung zwi­schen dem Beleidigenden und dem Geschädigten kann nicht wieder normal sein, bis der Beleidigende sie durch die in rechtlichem Sinne genommene Genugtuung wiederherstellt. Das wäre das pretium doloris. Wenn das der Schuldige nicht freiwillig tut, und in den meisten Fällen ist das so, soll der Vertreter der gesellschaftlichen Gewalt feststellen, ob wirklich ein Verbrechen oder eine Rechtsverletzung passiert ist, und was das tatsächliche pretium doloris ist. In rechtlichem Sinne ist damit diese Angelegenheit erledigt, weil der Schuldige seine Strafe absitzt, die bestimmte Sache zurückerstattet oder den bemessenen Schadenersatz bezahlt. Dadurch entstand jedoch das frühere ungetrübte Verhältnis zwischen dem Beleidigenden und Verletzten nicht, die Ordnung ist nur rechtlich wiederhergestellt, weil bloß die beleidigte Gerechtig­keit wiederhergestellt wurde. Aber in wahrem Sinne des Wortes kann man von Vergebung nicht sprechen. Ist es eigentlich möglich, auf dem Gebiet des Rech­tes über Vergebung sprechen? Die Antwort ist gar nicht so einfach. Die sich bietenden Lösungen sind vielleicht der Rücktritt von der gesetzmäßigen An­zeige (bei Privatangelegenheiten) oder der Verzicht darauf, dass der Schuldige gestraft wird. So zum Beispiel die Amnestie, die Gnade walten lassen, die Ent­lassung der Verpflichtung, der Widerruf der Anzeige und von Strafbesim- mungen usw. Die Strafe richtet sich auf die Vergangenheit, die nicht vollkommen zurück­gemacht werden kann (es wird nie status quo antea); während sich die Verge­bung auf die Zukunft bezieht. Das Verbrechen ist sozusagen ein Bundschlies- sen mit dem Bösen, und die Vergebung kann auch so aufgefasst werden, wie ein Bundschliessen mit dem Guten, die Auslösung des Schuldigen aus der Sün­de, aus dem sündhaften und deshalb gebrandmarkten Zustand. Das Recht scheint nur so viel zu tun, seine Tätigkeit ist jedoch unentbehrlich, weil ohne die in rechtlichem Sinne genommene Wiedergutmachung oder den Verzicht auf sie den Weg zur Versöhnung nicht fortgesetzt werden kann. Sogar das gesellschaftliche Zusammenleben wird unmöglich sein. Falls jedoch der Mensch die durch das Recht bestimmten beziehungsweise als Zeichen der Vergebung aufzufassenden rechtlichen Schritte als die Stimme seines Gewissens annimmt, sowie er diese Schritte auch unternimmt, macht er schon einen großen Schritt zur in vollkommenen Sinne des Wortes genommenen Vergebung und Versöhnung. gen werden, dass sie die Strafe für schlecht und nicht für erwünschenswert halten, das heisst sie das rechtsverletzende Verhalten vermeiden. Falls sie jedoch gestraft worden sind, sollen sie die Strafe im Gewissen annehmen und die Sünde übernehmen, als eine rechtmässige Freiheitsbe­schränkung oder andere Unannehmlichkeiten, und nach dem Absitzen ihrer Strafe sollen sie wieder auf dem rechten Weg gehen. So sollen sie ihre Tat büssen. Dieser Vorgang führt den Schuldigen nochmals zum vollständigen Bewusstsein seiner menschlichen Würde, zur voll­kommenen seelischen Reinigung und zur Vergebung.

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