Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

49 ERWÄGUNGEN ÜBER DIE STRAFE, MIT BESONDERER HINSICHT... tueller Entrechtung bestehen, sondern auch aus der Entziehung von morali­schen Werten (Leben, Freiheit) und aus den von ihnen stammenden physischen und seelischen Qualen und Beschämung”.20 Der Staat muss also der Sozialethik die Tatbestände entnehmen, die eine strafrechtliche Verteidigung verlangen. Von diesem Gesichtspunkt aus ist die Rechtswidrigkeit nichts anderes, als eine Sozialethikwidrigkeit von größerem Masse, weil die rechtliche Pflicht als eine größere sozialethische Pflicht gilt. So hat das Strafrecht auch keinen anderen, das heißt eigenen und selbständigen Mass. b) Weitere Erwägungen über die Sünde, Strafe, Wiedergutmachung und Vergebung1' Die Sünde, Schuldigkeit, Genugtuung und ähnliche Ausdrücke sind auch in der Rechtssprache einheimisch, und wir irren uns vielleicht nicht, abgesehen der religiösen Dimension, dass diese Sprache die Heimat solcher Ausdrücke ist. Zur rechtlichen Dimension des Menschendaseins gehören diese Begriffe, weil wir vielleicht nicht so oft vom Zwang der Rechtsordnung Gebrauch machen sollten, wenn es keine Sünde, Schuld und Verbrechen gäbe. Wer die Tugend der Gerechtigkeit nicht übt, das heißt den anderen ihr Recht nicht gibt, verletzt schwer seinen Mitmenschen, die Gesellschaft, aber auch sich selbst. Eine der Wurzeln der Rechtsordnung ist vielleicht gerade die Einsicht, dass es nötig ist, die zwischenmenschlichen Beziehungen im richtigen Fahrwasser zu halten, das heißt die Ordnung des Zusammenlebens zu sichern, und um sie zu bestäti­gen, braucht man auch den Zwang und im äußersten Falle die Strafe. Das sagt der gesunde Menschenverstand. Der Zwang und die Strafe, da sie die Freiheit des Menschen beschränken, vermindern die Menschenwürde, sowie bereiten sowohl körperliche als auch seelische Schmerzen, sie können deshalb wirksam beitragen, dass keine Rechtsverletzungen beziehungsweise keine qualifizierten Rechtsverletzungen, das heißt Verbrechen Vorkommen.22 Die Rechtsverletzung 20 Vgl. Varga, K., A bűn vallási, erkölcsi és jogi szemlélete, 134. 21 Vgl. Valsecchi, A., Pena e perdono. Provocazioni interdisciplinari per la teologia, in La Scuola Cattolica 135 (2007) 439-449. 22 Die Strafe ist nämlich zur gleichen Zeit eine erziehende (Besserung, Einsicht), die Ordnung der Gerechtigkeit wiederherstellende und in der Zukunft vor ähnlichen Handlungen warnende (vor­beugende), das heisst präventive Anordnung, eben deshalb, weil unser teuerster Schatz die Freiheit ist, und sie wird eben durch die Strafe beschränkt, dadurch verhindernd uns bei der Ausübung unserer Rechte. Wir dürfen diese Funktionen voneinander nicht trennen, denn da ist es unvermeidlich, dass sich jede von ihnen verzerrt. Wenn wir die Täter der Verbrechen von der Gesellschaft nur isolieren wollen, bieten wir ihnen keine Gelegenheit, wieder nützliche Mitglie­der von ihr zu werden, und wir geraten auch mit der Gerechtigkeit aneinander, weil wir sie un­begründet lang isolieren wollen. Falls wir sie nur erziehen wollen, neigen wir uns dazu, den Schuldigen zu entheben, und wir geraten ebenfalls mit der Gerechtigkeit aneinander, die Strafe muss ja abgesessen werden, und zwar sie muss als Strafe abgebüsst werden. Wenn wir bloss Gerechtigkeit üben wollen, denken wir, dass die Strafe nur abgesessen werden muss und damit Schluss. So vergessen wir, dass die wieder freilassende Person nach dem Abbüssen der Strafe ein Mensch ist, und es wäre gut, wenn er sich bessern würde. Die Bürger müssen also so erzo­

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