Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet
ERWÄGUNGEN ÜBER DIE STRAFE, MIT BESONDERER HINSICHT... 43 wir die im Laufe der Geschichte vorkommenden Grundideen der Bestrafung kurz zusammen, worauf die Untersuchung und Bewertung der Straftheorien folgt. Zum Schluss geben wir eine Straftypologie. 1. Einige vorangehende moralphilosophische Bemerkungen Die Welt betrachtend können wir feststellen, dass die Seienden entstehen, dann zugrunde gehen, in ihre Teile fallen. Auch auf das menschliche Leben bezieht sich das Gesetz der Vergänglichkeit, infolgedessen ist unser Leben hier auf der Welt begrenzt. Daraus können wir gleich die Folge ziehen, dass unser Leben auf der Welt nicht am wichtigsten ist, weil uns das Vergehen erwartet, wie auch wir uns dagegen versichern wollen. Falls das menschliche Leben hier auf der Erde dem Gesetz des Todes unterworfen ist, kann es nicht der wichtigste Wert sein. Das ist der falsche Lehre des Biologismus, der das menschliche Leben auf absolute Weise für unbedingt hält. Immerhin ist unser Leben eine Gegebenheit, und zwar eine solche Gegebenheit (was auch von Béla Brandenstein betont wird), die im Grunde genommen nicht von uns abhängt: das Leben geben nicht wir uns selbst, und auch sein Erhalten besteht nur in äußerst engen Grenzen in unserer Macht. Dieses Leben ist der Grund für die Verwirklichung von allen anderen Werten. Wegen dieser wertverwirklichenden Bedeutung ist es unsere moralische Pflicht, unser Leben zu erhalten, zu schützen und zu hüten. Infolgedessen ist es moralisch im allgemeinen wertwidrig und verboten, Menschen zu töten und das menschliche Leben zu zerstören, ausgenommen, wenn das höhere, absolute Werte verlangen, denen das Leben des Menschen untergeordnet ist. Demzufolge ist der gemeine Mord, was auch sein Grund sei: Gewinnsucht oder Aufregung, Verlangen nach Töten, Rache oder Leichtsinnigkeit, beziehungsweise Achtlosigkeit, moralisch wertwidrig und verboten. Komplexer ist das Problem beim Löschen des Lebens wie folgt: 1. Selbstmord; 2. das Töten von unheilbaren Kranken durch ärztlichen Weg; 3. das Zerstören der Leibesfrucht im Interesse der Rettung der Mutter; 4. Tötung in Notwehr; 5. Hinrichtung aufgrund von richterlichem Urteil, im allgemeinen aufgrund von behördlicher Anordnung; 6. Tötung im Krieg.4 Dazu müssen wir nur das Martyrium als freiwillige Hingabe unseres Lebens hin fügen, um es als den höchsten Wert zu bekennen und zu schützen. Sie werden von der gesunden öffentlichen Meinung so bewertet, dass wir kein Recht haben zu töten, nicht wir die Herren vom Leben und Tod sind, also sowohl der Selbstmord als auch die Euthanasie oder Abtreibung unmoralisch sind. Die Notwehr ist jedoch beim Einhalten der entsprechenden Kautelen erlaubt, und zum Schluss gilt die Selbstaufopferung des Soldaten, die er für seine Heimat macht, beziehungsweise das Martyrium 4 Vgl. Brandenstein, B., Etika [Ethik], Budapest 1938. 139-141.