Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

44 GÉZA KUMINETZ des christlichen Menschen, durch das er von seinem Glauben Zeugnis ablegt, als die größte Heldentat. Infolge dieser moralischen Erwägung werden die obi­gen Verhaltensformen von der darauf basierenden Rechtsordnung entweder verboten und sanktioniert oder erlaubt und belohnt. Aus all diesem müssen wir gleichfalls die Folge ziehen, dass das Leben kein absoluter Wert ist, jedoch zum Dienst der absoluten Werte gestellt werden muss. Es kann hingegeben oder weggenommen werden. Was die Ethik des Todesstrafen anbelangt, müssen wir feststellen, dass nicht einmal die Gemeinschaft Herr über Leben und Tod ist, weil auch das Leben der Person nicht einfach der Gemeinschaft gehört, denn die Person verfügt über eine wertverwirklichende Verpflichtung. Die öffentliche Gewalt kann zur glei­chen Zeit unter einem anderen Titel, im Interesse von sich selbst und ihrer Mitglieder, des gesellschaftlichen allgemeinen Friedens eine Ermächtigung zur Erklärung und Vollziehung des Todesstrafen haben.s Dieser Zug führt uns zum Thema der Staatlichkeit und deren Strafmacht. Da die Erfahrungen der Geschichte zeigen, dass, obwohl die Erziehung und die Vorbeugung bisher so gut auch waren, es nie gelungen ist, die für die Person oder Gesellschaft schädlichen, von Menschen stammenden bösen Verhaltens­formen ganz zu beseitigen, und die von der Religion und Moral gewährten Sanktionen nicht genügend waren. Deshalb musste das entsprechende Organ der Macht entstehen und auch rechtliche Strafen anordnen beziehungsweise nötigenfalls auferlegen (potestas puniendi, potestas coactiva). Die zwingende oder strafende Gewalt hat drei Aufgaben: 1) wenn es möglich ist, muss sie den Rechtsverletzungen Vorbeugen können, und nötigenfalls muss sie die Mitglieder der Gesellschaft zwingen, den Gesetzen zu folgen (facultas cogen- di)\ 2) sie muss die Taten derer bezähmen, die aus böser Absicht oder aus einer unzurechnungsfähigen natürlichen Mangelhaftigkeit das Leben der Gesell­schaft durch Rechtsverletzung stören. Das heisst sie muss gegenüber den An­greifern Rechtsschutz geben, beziehungsweise ihre Aggression zurückdrängen (facultas coercendif, 3) die Schuldigen müssen mit einer entsprechender Strafe bestraft werden.6 Im weiteren müssen wir kurz die menschliche Natur und Würde erörtern, da sie mit der Strafe und Strafbarkeit eng verbunden sind. Wir unterscheiden drei Schichten der menschlichen Würde, unseres Wesens als Person: es gibt einer­seits unser persönliches Dasein, das von der Natur gegeben ist und durch die Entwicklung und das menschliche Denken entwickelt wurde. Die erste Schicht wird natürliche Gegebenheit, die zweite psychische Gestaltung und die dritte moralische Person genannt. Unsere Natur als physische Gegebenheit erhalten wir durch unsere Eltern von der Natur und deren Herrn. Die psychische Persönlichkeit erwerben und entwickeln wir selbst, und ihre endgültige Form 5 Vgl. Brandenstein, B., Etika, 146-147. 6 Vgl. Ottaviani, A., Institutiones iuris publici ecclesiastici, I. Romae 1947. 113-114.

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