Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Mihály Kránitz, Die Wirkung von Papst Franziskus: Eine geistliche Erneuerung in der sich verändernden Welt
DIE WIRKUNG VON PAPST FRANZISKUS: EINE GEISTLICHE ERNEUERUNG... 27 fehlt es eigentlich am letzten Gesichtspunkt, der unseren Taten einen Sinn geben und den Weg der Person und der Gemeinschaft leiten könnte.6 7 Am folgenden Tag nach seiner Erwählung hat Papst Franziskus in der mit den Kardinälen zelebrierten Heiligen Messe die „Bewegung” und die Richtung der Kirche betont, die er mit drei Verben ausdrückt hat: gehen, außauen und bekennen7 Der Papst, der nach seinen eigenen Worten „vom anderen Ende der Welt gekommen ist”, stellt die Marginalität des Christentums in der zeitgenössischen Welt dar. Er bedauert sie jedoch nicht, sondern macht sie in seinem Programm als Ausgangspunkt der Kirche: „Wieder aufzubrechen vom Rand der Gesellschaft, von den Armen, damit die Kirche erneut werden kann.”8 I. Die christliche Deutung der Krisenerscheinungen Die jetzige Krise, aus der ein Ausweg gefunden werden muss, ist eine „Gotteskrise” und „Glaubenskrise” - hat Kardinal Kurt Koch schon vor zehn Jahren festgestellt -, darum ist es heute für die Kirche am wichtigsten, den Glauben an Gott zu erneuern.9 In den modernen Gesellschaften ist die Säkularisation mit dem Relativismus verbunden, und das ihm folgende Indifferentismus sowie das Skeptizismus übt eine grössere Wirkung aus als das Materialismus.10 Die Kirche zeigt sich in der modernen Zeit schwach; nicht nur wegen der Verminderung der Zahl der ihren Glauben ausübenden Gläubigen, sondern hauptsächlich wegen der Säkularisation und auch darum, dass sie ihre Wirkung auf die Gesellschaft verloren hat. Die Politik kann jedoch die Veränderungen in der gegenwärtigen globalisierten Welt immer weniger behandeln, die ihrer Überprüfung entschleicht, weil sie über die Grenzen der Nationen reichen. 6 Giordano, A., Un’altra Europa è possibile. Ideali cristiani e prospettive per il Vecchio Continente, Cinisello Balsamo 2013 (Trasmissione Dei valori-, 88-90). 7 Vgl. Papst Franziskus, http://www.vatican.va/holy_father/francesco/homilies/2013/docu ments/papa-francesco_20130314_omelia-cardinali_en.html. (Zeitpunkt der Forschung: 22. Januar 2014). 8 Faggioli, M., Da Benedetto XVI a papa Francesco, in Rassegna di Teologia (2013/3) 362. 9 Koch, K., Kirche an der Schwelle zum dritten Jahrtausend, in Gajáry, A. (Hrsg.), Die Zeichen der Zeit erkennen, Fribourg 2004. 60-61. Über die heutige Formulierung der Gottesfrage siehe Fuchs, O., Der zerrissene Gott. Das trinitarische Gottesbild in den Brüchen der Welt, Ostfildern 2014. 10 Vgl. Kasper, W., Europa - eine Herausforderung. Stuttgarter Rede zu Europa 2007, in Koch, K., Die Gottesfrage in Gesellschaft und Kirche, siehe: Augustin, G., Die Gottesfrage heute. Theologie im Dialog, Freiburg 2009. 42. Darüber siehe noch: Müller, G. L., Der vergessene Gott! Gottesfrage in unseren Zeit?, 59-72. Über die Erfahrung des Glaubens siehe: Limbeck, M., Wie glauben heute möglich ist. Eine Hinführung, Stuttgart 2004. Meinrad Limbeck, Dr. theol., war von 1981 bis 2000 Akademischer Oberrat für Biblische Sprachen an der Katholisch- Theologischen Fakultät der Universität Tübingen.