Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Die „Religionsphilosophie” Johann-Gottlieb Fichtes. Ihre Hintergründe und ihre Aktualität

DIE „RELIGIONSPHILOSOPHIE” JOHANN-GOTTLIEB FICHTES 103 wohl muss man aber zwischen dem rechten und dem konfusen Gebrauch der Vernunft unterscheiden.14 - Die „abstrakte Vernunft” wird noch eingeschätzt, als „princípium theologiae Christianae secundarium”, soll aber von der konkre­ten Vernunft streng unterschieden werden. Die „usus rationis in Theologia” ist als Gebrauch der Philosophie in der Theologie, so wie das Leibniz in seiner Theodizee tut, zu verstehen.15 Es sind zwei, wenn auch nahe verwandte, doch verschiedene Fragen, ob die Vernunft ihre berechtigte Funktion in der Gottes­erkenntnis behauptet, oder ob sie die Offenbarung ersetzen kann? Petzold (Fichte?) gibt das erste zu, aber verneint das letztere.16 Wir können in manchen dem Standpunkt Petzolds/Fichtes zustimmen. Wahrscheinlich macht aber Leibniz in seiner Theodizee nicht umsonst auf die Gefahr der Vermengung von Erklären, Begreifen, Beweisen, Behaupten auf­merksam, welche in den Wendungen, derer, die Philosophie und Theologie, oder Glaube und Vernunft gegeneinander ausspielen wollen, vorkommt.17 Innerhalb der Theologie soll man zwischen einer exoterischen, oder kate- chetischen und einer akroamatischen, oder systematischen unterscheiden. Ob­wohl sich der zweiten weder die heiligen Schriftsteller, noch die alten Lehrer ( doctores) bedient haben, ist sie „ad eruditos Theologos formandos” sehr wich­tig.18 Da sieht man das praktische Interesse von Petzold, welches auch das Den­ken Fichtes wesentlich bestimmt hat. Darauf folgt die „Summa religionis naturális”, deren Grundthese lautet: „Esse Deum” (i.e. „naturam intelligentem a mundo diversam, aeternam, quae mundum, i.e. universitatem rerum finitarum creavit!”).19 - Die Beweise für die Existenz Gottes sind: „princípium repugnantiae”, „ex quo confutata est series infinita”, „princípium causae sufficientis”, „princípium contingentiae”. Aus diesen Prinzipien kann man auf viele Weise die Existenz Gottes beweisen: so die „via demonstrationis ex serie causarum et effectuum”, „via probabilitatis infinitae”, „ex ordine et regularitate mundi”, „via probabilitatis finitae”, und die allerinteressanteste via, wohl eine die durch damalige Kenntnisse bedingte: „partim ex história quae docet mundum ante pauca millenia ortum, partim ex consensu omnium gentium de Deo, partim ex testimonio conscientiae”.20 Wir finden hier keine Zeichen einer Polemik gegen die Antinomienlehre Kants und seiner transzendentalen Dialektik im allgemeinen. Es bewegt sich alles in Bahnen der Physikotheologie, welche Kant vor seinem kritischen Zeit­alter akzeptiert hat. Sowohl aus Überzeugung als auch aus dem Grund, dass die Kritik der reinen Vernunft damals (wenn wir die Vorlesungen Petzolds auf die 14 GA II, 1. 38. 15 GA II, 1. 38; vgl. Leibniz, G.W., Theodizee, Ausgabe Flammarion 1998. 50. »« Fichte, GA II, 1.38. 17 Vgl. Leibniz, G.W., Theodizee, 53. 18 GA II, 1.39. 19 Ebd. 20 Ebd. 40.

Next

/
Thumbnails
Contents