Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Die „Religionsphilosophie” Johann-Gottlieb Fichtes. Ihre Hintergründe und ihre Aktualität

104 ZOLTÁN ROKAY Zeit 1782-1784 ansetzen) noch nicht rezipiert und kritisch bewertet werden konnte. Man hat den Eindruck, Fichte übernahm damals die Gedanken Pet- zolds ohne Vorbehalt. Doch veröffentlichte Petzold 1787 (also im gleichen Jahr wo die zweite Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft erschien) Einwände gegen die Kritik an den Gottesbeweisen unter dem Titel: „De argumentis nonnulis, quibus, Deum esse, philosophi probant observationes quaedam adversus Imman. Kantium” - Petzold argumentiert dabei, dass der kosmologische Beweis den ontologischen nicht voraussetzt, wie Kant in der Kritik der reinen Vernunft behauptet hatte. Da Existenz eine eigene Art der Vollkommenheit sei, müsse sie auch als ein reales Prädikat angesehen werden. Wäre dies nicht der Fall, dann wäre auch das Leben keine Vollkommenheit. Kant sei scharfsinnig und habe keine schlechten Absichten, aber wenn er alles auf die reine Vernunft gründen will, so widerspricht allen guten Logikern.21 Es soll dahingerstellt sein, ob die Behauptungen Petzolds stimmen, aller­dings hat er sich mit der Kritik Kants auseinandergesetzt, und wenn die genan­nte Publikation 1787 erschien, so musste Petzold früher mit der Auseinander­setzung begonnen haben, möglicherweise noch zwischen 1781-84, aber allerdings vor dem Kant-erlebnis Fichtes (1790), der über die Schrift Petzolds hätte mindestens Kenntnis genommen haben müssen. Für Fichte scheint diese Auseinandersetzung nicht ganz unbekannt gewesen zu sein, denn obwohl sich Petzold auf die Erkenntnis Gottes aus seinen Werken beruft (also ein Argumentum a-posteriori) und das „Argumentum Cartesia- num” (aus der Kenntnis des vollkommensten Wesens) nicht für schlüssig hält,22 hält er gerade in der erwähnten Auseinandersetzung mit Kant das a-priori Be­weis für die Vollkommenheit Gottes für möglich, worin ihm Fichte zustimmt: „Attributa Dei ipsa ad probandam religionem naturalem necessaria sunt haec: primo intellectus. Deum esse naturam intelligentem intelligendi facultate infinita praeditam demonstratur partim a posteriori ex ordine in rerum natura ubique conspicuo, tum ex creatione nostri intellectus, partim a priori ex notione entis per- fectissimi.”23 Darauf folgt der Beweis aus der Freiheit und Gerechtigkeit Gottes, sowie die moralischen Beweise: das Verlangen nach Glückseligkeit und Unsterblichkeit: im entgegengesetzten Fall wäre die Welt umsonst geschaffen, was jedoch der göttliche Heiligkeit und Gerechtigkeit widersprechen würde. Das macht aber 21 Vgl. Kühn, M., Johann Gottlieb Fichte, 74. 22 GAII, 1.40. 22 Ebd. S. 41.

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