Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Leo Scheffczyk und die Tübinger Schule
98 ZOLTÁN ROKAY Monographie von Geiselmann: Die theologische Anthropologie Johann Adam Möhlers.18 Im Laufe seines Nachdenkens kommt Möhler zu der Bestimmung der Offenbarung. In seinem monumentalen Werk: „Symbolik“19 vertritt er den Standpunkt: „Glaube ist das zweifellose Fürwahrhalten dessen, was an den Menschen von aussen als Christi Offenbarung herantritt. “20 Damit kritisiert und verlässt Möhler die erlebnistheologische Auffassung des Glaubens, welche Schleiermacher und Hegel vertreten haben.21 Nach deren Auffassung war „Offenbarung nur die immanente Entwicklung des Gottesbewusstseins im menschlichen Geiste und damit (nach Hegel) auch des Bewusstseins Gottes um sich selber. Im Hintergrund dieser Glaubensbegriffe steht die immanente, evolutio- nistische Deutung von Religion und Christentum durch einen idealistischen Pantheismus.“22 Nach Möhler aber ist die christliche Offenbarung keine neue Entwicklungsstufe des dem Menschen innewohnenden Gottesbewusstseins: „Offenbarung ist gerade umgekehrt etwas, was nicht aus der immanenten Entwicklung der religiösen Anlage des Menschen erklärt werden kann. In der christlichen Offenbarung durchbricht Gott vielmehr die immanente Entwicklung des Gottesbewusstseins, die durch die Menscheit sich auswirkende Sünde eine verkehrte Richtung genommen hat, und setzt einen absoluten Anfang.“23 Möhler gibt zwar im Einklang mit Jacobi, Sailer und Drey eine Offenheit des Menschen Gott gegenüber zu, die aber ersetzt nicht die „besondere Offenbarung“. Es gibt ohne diese besondere Offenbarung kein Wissen von Gott: „Diese „Möhler, le prince de la théologie catholique au dix-neuvième siècle“ (zitiert nach Johann Adam Möhler, Band 1.297.). - Lebensdata: geboren 1796 (Igersheim bei Mergentheim); Studium der Theologie in Ellwangen 1813-1815, und nach der Versetzung des Lehranstaltes, in Tü- bingen; Priesterweihe: 1819; ab 1820 Repetitor, ab 1825 Professor in Tübingen. Seine „Symbolik“ löste einen heftigen Streit mit seinem protestantischen Kollegen Christian Baur (fl860) aus. Seine Berufung nach Freiburg und Bonn lehnte er ab; diejenige nach München aber nahm 1835 an; 1836 gab er aus Gesundheitsgründen seine Lehrtätigkeit auf, siedelte nach Würzburg um, wo er zum Domdechant ernannt wurde. Er starb im Jahre 1838. Seine Grabinschrift lautet: „Defensor fidei - Literarum decus - Ecclesiae solamen.“ - „Hauptwerke“: Die Einheit in der Kirche oder das Prinzip des Katholizismus, Tübingen 1825. Athanasius der grosse und die Kirche seiner Zeit, Mainz. 1827. Symbolik, oder Darstellung der Gegensätze der Katholiken und Protestanten nach ihren öffentlichen Bekenntnisschriften, Mainz 1832. Neue Untersuchungen der Lehrgegensätze zwischen den Katholiken und den Protestanten, Mainz 1834. Vgl. Idee der Geschichte und Kirchengeschichte; Lebendige Tradition (Über Tradition, Schrift und Einheit der Kirche: Geist des Christentums und des Katholizismus) [Hrsg, von Geiselmann, J. R.], Mainz 1940. 18 Vgl. Anm. 17. 19 Unter „Symbolik“ ist die Lehre vom Glaubensbekenntnis der Kirche zu verstehen. 20 Geiselmann, 1966. 267. 21 Vgl. ebd. 367. 22 Ebd. 366. 23 Ebd. 369.