Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Leo Scheffczyk und die Tübinger Schule
LEO SCHEFFCZYK UND DIE TÜBINGER SCHULE 97 Christentum und Kirche die stete Vergegenwärtigung des urgeschichtlichen Faktums in objektiver Gegebenheit. Diese Wendung zur positiv-organischen Erfassung von Geschichte, Christentum und Kirche ist nicht zu erklären ohne tiefgreifenden Einfluss der Gedankenwelt der Romantik auf den Begründer der Tübinger Schule und ihre ersten Vertreter. Von ihr ist das eigentümliche historische Bewusstsein übernommen und assimiliert worden“.14 So lautet die Charakterisierung Drey’s durch Scheffczyk, wenn auch die Betonung auf der organischen Einheit und Historizität liegt, was der Auslegung Scheffczyk betreffs der Katholizität wilkommen ist, wobei die „Wissenschaftlichkeit“ der historischempirischen Erkenntnis des Christentums15 weniger zum Ausdruck kommt. Inwiefern Drey und die gesamte Tübinger Schule von Schelling inspiriert wurde, davon werde ich abgetrennt meine Gedanken hervorbringen, wobei es empfehlenswert wäre zwischen Romantik und Idealismus auch im Falle Schellings zu unterscheiden.16 Die Kritik Scheffczyks an Drey wird im Rahmen seiner Kritik der gesamten Tübinger Schule behandelt. IV. Johann Adam Möhler (1796-1838)17 1. Offenbarung Da Scheffczyk in seiner Darstellung auf die Lehre Möhlers von der Kirche konzentriert, und daher seine gesamte Theologie versteht, ich aber mich an die angekündigte Gliederung halten möchte, entlehne ich meine Darstellung der 14 Ebd. XIII. 15 Ebd. XIV. 16 Zu dieser Frage vgl. vor allem: Haym, R., Die romantische Schule, Berlin 1914 (dritte Auflage). 17 Zu Möhler: Geiselmann, J. R., Die theologische Anthropologie Johann Adam Möhlers, Freiburg 1955. Geiselmann, J. R., Lebendiger Glaube aus geheiligter Überlieferung. Der Grundgedanke der Theologie Johann Adam Möhlers und der katholischen Tübinger Schule, Freiburg 1966 (zweite Auflage); der „Herold des Glaubens“ gedenkt des Todes von Möhler mit folgenden Worten: „Am 12. April verschied zu München Dr. J. A. Möhler, Ritter des St. Michaelordens und Dechant des Domcapitels Würzburg, nach langwieriger Krankheit an den Folgen eines zuletzt mit heftigem Fieber verbundenen Brustleidens, in einem Alter von 42 Jahren. Von Tübingen an die hierige Universität gerufen, erwarb er sich in kurzer Zeit allgemeine Liebe und Verehrung. Schon seine äussere Erscheinung und Haltung, seine ganze wahrhaft liebenswürdige Persönlichkeit brachte allenthalben die günstigste Wirkung hervor, und man kann sagen, dass über den hohen Werth dieses Mannes nur eine Stimme war, und dass auch diejenigen, welche ihm sonst durch ihre Ansichten ihm ferne standen, doch in ihm eine der ersten Zierden der hiesigen Universität erkannten. Durch seine Werke, namentlich seine Schrift ’über die Einheit der Kirche’, sein ‘Leben des h. Athanasius“ und seine ‘Symbolik’, sowie durch eine Reihe trefflicher Aufsätze in der Tübinger Theolog. Quartalschrift, steht sein Ruf als der eines der ersten kathol. Theologen neuerer Zeit fest begründet.“ (Jahrgang 1838. Nr. 48. Samstag, 21. April, S. 384. Herausgegeben in Aschaffenburg). Montalembert äussert sich über Möhler mit den Worten: