Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams

DIE TUGEND DES GEHORSAMS ALS GRUNDLAGE DES KLERISCHEN... 63 Befehlen muss im Zeichen des Glaubens, der Hoffnung und Liebe, beziehungs­weise der gesamten moralischen Tugenden durchgesetzt werden. Diese Tugen­den werden im Menschen, im Gläubigen jedoch nur im Geiste und mit der Ge­sinnung der Demut und des Gehorsams reif. Falls die Erziehung zum Ziel hat, im wachsenden Kind und Jugendlichen den moralischen Zustand ins Leben zu rufen,133 kann man das im Grunde ge­nommen durch die Tugend des Gehorsams erreichen. Sie gibt die Disziplin, das heißt das richtige Unterworfen sein den über uns stehenden Faktoren. Der Ge­horsam ist ein Zeichen unserer Freiheit beziehungsweise unserer Fähigkeit, ver­antwortungsvoll handeln zu können. Das Leben des Menschen geht in Erfül­lung, wenn wir dem Ruf, der erkannten Wahrheit folgen, wenn wir die Zeichen der Zeiten gehorchen, beim Besuch Gottes die uns rufende aber gleichzeitig auch auffordemde Stimme des Kairos erkennen, ihm folgen und uns verpflichten. Das Befehlen und Gehorchen ist letzten Endes die Ausübung der Regierungs­macht und das bezügliche rechtsbefolgende Verhalten. Zur fruchtbaren Aus­übung dieser Macht ist die gründliche Vorbereitung der Entscheidungen eine wichtige Sache von der Seite dessen, der gesetzlich befehlen soll, der also in den Stuhl von Moses gekommen ist: der Bischof soll seine Seminaristen und Kleriker besuchen, er soll über eine gut funktionierende Aula verfügen. Damit der Gehorsam wirklich dem Heiligen der Menschen dient, muss man sehen, was, wann und wie befohlen werden darf und muss. Man soll dabei nicht nur die sich auf die Angelegenheit beziehenden nötigen und genügenden Informa­tionen kennen sondern auch die zur Aufgabe bestimmte Person mit ihren Cha­rakterzügen sehen. Ein eigenartiger Kontext des Befehlens und Gehorchens ist der pastorale Plan oder die seelsorgliche Strategie, da das der nähere und konk­rete Motivationshorizont ist, durch dessen Verständnis und Annahme sowohl das Befehlen als auch das Gehorchen bedeutend erleichtert wird. Der Gehor­chende und vor allem der Befehlende muss im Klaren sein, was im Herzen des Menschen wohnt, sonst werden sogar bei bester Absicht schlechte Entschei­dungen getroffen, was Ungehorsam und Unfrieden mit sich bringt. Die Kunst des Befehlens und des Gehorchens ist eine Voraussetzung für jede Art von menschlichem, gesellschaftlichem Leben und fruchtbarer Zusammenarbeit. Sowohl das Befehlen als auch der Gehorsam soll sich im Geiste Christi voll­ziehen. Die wesentliche Grundlage dieses Geistes wird durch die übernatür­liche Tugend des Gehorsams, die Rahmen jedoch durch die moralischen und durch die auf sie bauenden kanonenrechtlichen Vorschriften geschaffen. Sowohl der Befehlende als auch der zu Gehorsam Verpflichtende kann in einen Gewissenskonflikt geraten. Der Befehlende so, dass er zur Erteilung von 133 Vgl. Fináczy, E., A nevelés fogalmának elemzése [Die Analyse des Begriffes Erziehung], in Fl- NÁCZY, E., Világnézet és nevelés. Tanulmányok [Weltanschauung und Erziehung. Studien] (Bibliothek der Philosophie. Red. Kornis, Gy.), Budapest 1925. 22.

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