Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams
48 GÉZA KUMINETZ in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens erklären oder als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen im Bewusstsein ihrer eigenen Verantwortung in christlichem Gehorsam zu befolgen (Vgl. Can. 212 § L). Das bedeutet auch, dass der unmittelbare Grund für den Gehorsam nicht die Verpflichtung des Gehorsams wegen der persönlichen Heiligkeit des Hirten sondern das Geweiht sein und die gesetzlich besitze Macht (Amt) ist. Das Gehorsam sein ist ferner ein im Gewissen verbindliches und verantwortungsvolles Gehorchen, das bedeutet, dass „man nicht einfach gehorchen muss, denn etwas befohlen wurde, sondern darum, weil es gesetzlich befohlen wurde, ferner dass man auf initiative Weise gehorchen muss, wenn der Befehl auch den eigenen Initiativen Raum gewährt. Das heißt wenn der Befehl gesetzlich ist, muss man mit mitwirkender Gesinnung Gehorsam leisten“.80 Diese Verpflichtung erwirbt für die Kleriker eine eigenartige Bedeutung,81 denn sie sind auch selbst Hirten, auch sie befinden sich jedoch im Anziehungsfeld der Autorität Christi. Ihr eigener Hirt ist in erster Linie der Papst und ihr eigener Ordinarius (Diözesanbischof, in einem Orden der größere Obere). Der östliche Codex fügt auch die Gehorsamspflicht gegenüber dem Patriarch hinzu.82 Diesen Gehorsam nennt man kanonischen Gehorsam (oboedientia canonica). Das Wort kanonisch zeigt, dass ausschließlich die kirchlichen Gesetze die Quelle, den Inhalt und Umfang dieses Gehorsams geben.83 Dem Vorgesetzten, genauer gesagt dem Bischof, gebührt Ehre, weil er die Autorität Christi an sich hat.84 Deshalb sind nicht nur die moralischen sondern auch die rechtlichen Vorschriften des Bischofs im Gewissen verbindlich. Diese Rechtsvorschriften, kurz gesagt Befehle des Vorgesetzten bedeuten in ihren Einzelheiten folgendes: Gesetz, einzelner Befehl, Urteil, Verweis, Ermahnung, Rüge, Warnung und Lehre. Der grundlegende Gehorsam gegenüber dem eigenen Bischof beruht auf verschiedenen Titeln: 1) Teilnahme am selben Priestertum und am selben apostolischen Dienst (LG 28), 2) die hierarchische Abhängigkeit, 3) die Inkardina- tion und 4) das bei der Priesterweihe abgelegte Gehorsamsversprechen.85 In der 80 Vgl. Az Egyházi Törvénykönyv [Codex des kanonischen Rechtes] (Der offizielle lateinische Text des Codex Iuris Canonici mit ungarischer Übersetzung und Erklärung. Verfasst, übersetzt und mit Erklärungen versehen von Péter Erdő), Budapest 2001. 222-223. 81 Sabbarese, L., Ifedeli costituitipopolo di Dio. Commento al Codice di Diritto Canonico. Libro II, Parte / (Manuali 6), Roma 2003. 98. 82 Vgl. Salachas, D. - Sabbarese, L., Chierici e ministro sacro nel codice latino e orientale. Prospettive interecclesiali, Roma 2004. 111. 83 Vgl. Scheffler, J., A világi papok kánoni engedelmessége, 10. 84 Vgl. Chiapetta, L., Il Codice di Diritto Canonico. Commento giuridico-pastorale, I. Roma 1996. 384. 85 Vgl. Chiapetta, L., II Codice di Diritto Canonico, I. 383-384. Dieses Versprechen gilt jedoch nicht als Gelübde, sondern nur die Betonung dessen, dass der Priester gehorsam sein wird {exfidelitate), wozu er schon unter anderem Titel, auf Grund des göttlichen und kirchlichen Recht