Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams
DIE TUGEND DES GEHORSAMS ALS GRUNDLAGE DES KLERISCHEN... 47 cx. Ehre und Gehorsam Christus gab seinem Volk eine bis zum Ende der Welt dauernde Aufgabe, und diese Aufgabe kann nur frei übernommen und auf organisierte Weise realisiert werden. Deshalb ordnete er an die Spitze seiner Gemeinschaften gesetzliche Autoritäten, die ihr Leben leiten, als Hirte die Herde unterrichten heilen und regieren.75 Ohne diese Autorität kann der Gläubige aber auch der Hirt auf Irrwege geraten, denn diese Autorität gewährleistet, dass nicht einmal ein Jota von den Gesetzen vergehen soll, die Christus den Seinen zum Einhalten befohlen hat. Darum nennt man den Gehorsam der Gläubigen den Hirten den Ausdruck der Verpflichtung vom Bewahren der Gemeinschaft mit der Kirche. Diese Gemeinschaft gilt als Voraussetzung von allen anderen Rechten und Pflichten.76 Da sich der Mensch mit der Taufe unwiderruflich nicht nur Christus anschließt, sondern auch Mitglied der sehbaren Gemeinschaft der Kirche wird, wird er eine Person sein, mit spezifischen Verpflichtungen und Rechten. Die kirchliche Behörde bestimmt auf Grund des göttlichen Rechtes und unter Berücksichtigung der geschichtlichen und gesellschaftlichen Situation die konkrete Ausübungsform dieser Verpflichtungen und Rechte,77 und sie weist damit die einzige Hauptrichtung des Zeugnisses von Christus. Gegenüber den heiligen Hirten hat also jeder Gläubige Ehre78 und Gehorsam zu beweisen.79 Ohne diesen sogenannten kirchlichen Gehorsam (oboedientia ecclesiastica) würde das Volk Gottes nicht geordnet sondern chaotisch leben. Der Grund für diesen Gehorsam ist das Wesen des Vorgesetzten, genauer gesagt der Charakterzug, dass „die Bischöfe, die kraft göttlicher Einsetzung durch den Heiligen Geist, der ihnen geschenkt ist, an die Stelle der Apostel treten, in der Kirche zu Hirten bestellt werden, um auch selbst Lehrer des Glaubens, Priester des heiligen Gottesdienstes und Diener in der Leitung zu sein (Can. 375 § L). Es handelt sich nicht um einen Gehorsam von jeglicher Art, sondern um den Hirten als Vertretern von Christus zukommenden Gehorsam, das heißt was sie 75 Diese Tätigkeit der Hirten bedeutet unter den Christgläubigen eine spezifisch neue Qualität und Sendung, die auch die folgenden Ausdrücke kennzeichnen: in persona Christi Capitis oder nomine Ecclesiae agunt. Vgl. Bertone, T., Obblighi e diritti dei chierici, 58. 76 Vgl. Celeghin, A., Obligationes, iura et associationes clericorum, in Periodica 78 (1989) 14. 77 Vgl. Ghirlanda, G., De obligationibus et iuribus christifidelium in communione ecclesiali deque eorum adimpletione et exercitio, in Periodica 73 (1984) 336—340. 78 Hier handelt es sich um die Tugend der Ehre der Autorität (observantia), was folgendes bedeutet: „Die Ehre ist im allgemeinen das Anerkennen der Vorzüglichkeit und der Werte von anderen; ein Verhalten, das gegenüber den einzelnen Personen dieser Vortrefflichkeit angemessen ist. Diese Ehre gebührt jedem, der über ein Wert, eine Vorzüglichkeit verfügt, soll er gleichen Ranges oder uns untergeordnet sein; deshalb kommt auch dem einfachen Diener und auch dem Knecht Ehre zu, wenn sie durch ihre eigenartigen Tugenden deren wüdig sind, und eine bestimmte allgemeine Ehre gebührt jedem Menschen als Achtung seiner persönlichen Würde und unsterblichen Seele. 79 Das nennt man die allgemeine Gehorsamspflicht der Gläubigen. Vgl. Ojetti, B., Commentarium in Codicem Iuris Canonici, II: De personis (Canones 108-144), Romae 1930. 91.