Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams

38 GÉZA KUMINETZ Falls dem Kind und dem Jugendlichen diese Tugend richtig beigebracht wer­den kann, also falls in ihm die wahre gehorsame Gesinnung erscheint und formt, wird das eine große Stütze für die Festigkeit und Standhaftigkeit des Charak­ters sein, weil der Mensch gerade durch das gehorsame Grundverhalten und mit Hilfe seines Willens bereit wird, sich mit seinem ganzen Wesen immerfort nach einem Ziel zu richten. Ausschließlich die Verwirklichung des einheitlichen Lebensziels als eines wahren Lebensideals ist des Menschen würdig. Die ge­horsame Gesinnung ordnet die Vielfältigkeit zu einem Ganzen; das heißt das Temperament, die natürlichen Neigungen, die Gefühlswelt, die Handlungswei­sen, Leidenschaften, die Stimmung, das Einbildungsvermögen, die Gewohn­heiten, die Verstands- und Willensaktivität und das Lebensideal zu einer integ­rierten Persönlichkeit, die all dieser Vielfältigkeit dienen kann und zu dienen bereit ist.52 Der Dienst dem Gott, das heißt servitium Die darf Regimen sui, das heißt der Selbstdisziplin und Selbstherrschaft nicht entbehren.53 Und unseren Idealen dienen bedeutet nichts anderes, als ihnen zu rechter Zeit und auf die rechte Weise Gehorsam zu leisten. b. Der Gehorsam spezifisch: die Erziehung zum Gehorsam im Seminar und im Leben der Priester Die Vorschriften des Zweiten Vatikanischen Konzils bezüglich der Pastoration verfassen die mit dem Gehorsam verbundenen, oben erwähnten theoretischen Feststellungen praktisch auf allgemeinverständliche Weise, und sie wenden sie auch entsprechend auf die Priesterausbildung an. Das konzilische Dokument Optatam Totius (OT) 9 schreibt so: „Die Alum­nen müssen mit voller Klarheit verstehen, dass sie nicht zum Herrschen oder für Ehrenstellen bestimmt sind, sondern sich ganz dem Dienst Gottes und der Seelsorge widmen sollen. Mit besonderer Sorgfalt sollen sie im priesterlichen Gehorsam, in armer Lebensweise und im Geist der Selbstverleugnung erzogen werden, so dass sie sich daran gewöhnen, auch auf erlaubte, aber unnötige Din­ge bereitwillig zu verzichten und dem gekreuzigten Christus ähnlich zu werden. Die Alumnen sollen über die Lasten, die sie auf sich zu nehmen haben, aufge­klärt werden, ohne dass man ihnen irgendeine der Schwierigkeiten des Priester­lebens verschweigt, Sie sollen aber in ihrer zukünftigen Tätigkeit nicht fast ausschließlich eine Gefahrenquelle sehen, vielmehr soll man sie dazu anleiten, dass sie gerade aus ihrer pastoralen Tätigkeit für ihr geistliches Leben so viel Kraft wie möglich schöpfen“. 52 Vgl. Tóth, J., A jellemről [Über den Charakter], in Religio 74 (1915) 707. 53 Die Selbstbeherrschung besteht in erster Linie darin, dass der Verstand und die edleren Gefühle über der Triebhaftigkeit und Unbeständigkeit herrschen. Vgl. Gillet, M., A jellemnevelés [Die Erziehung des Charakters], Budapest 1913.45.

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