Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

IUS CANONICUM - Stephan Haering OSB, Das Verfahren zur Entlassung aus einem Ordensverband

212 STEPHAN HAERING, OSB 4. Verfahrensweise im orientalischen Bereich Das Verfahren zur Entlassung von Ordensmitgliedern ist aus naheliegenden Gründen im CCEO ähnlich gestaltet wie im CIC. Es nimmt auch im orientali­schen Bereich seinen Ausgang beim zuständigen Ordensoberen und bedarf am Ende einer Bestätigung durch die kompetente hierarchische Autorität. Auch für den Rechtsschutz ist verfahrensrechtlich hinreichend gesorgt, wobei gleicher­maßen die Beiziehung eines Rechtsbeistandes für das betroffene Mitglied zu empfehlen ist. An dieser Stelle sollen, um inhaltliche Doppelungen zu vermei­den, nur noch die Besonderheiten benannt werden, welche das orientalische Gesetzbuch in dieser Materie gegenüber dem CIC kennt. Die Entlassung von Mitgliedern mit ewigen Gelübden ist beim obersten Leiter (Präses einer monastischen Konföderation, Generaloberer), bei Mönchen nicht- konföderierter rechtlich selbständiger Klöster aber beim Oberen des Klosters selbst angesiedelt. Diese Ordensoberen müssen bei der Entlassung kollegial mit ihrem Rat Vorgehen (cc. 500 § 1, 553 CCEO). Die Besonderheit des orientalischen Rechts besteht darin, dass die Entschei­dung in einem Entlassungsverfahren für einen Angehörigen eines rechtlich selbständigen Klosters, das keiner Konföderation angehört und das im lateini­schen Recht einem Kloster gemäß c. 615 CIC entspricht, nicht vom zuständigen Eparchialbischof, sondern klosterintem getroffen wird. Das hat zur Folge, dass eine Stufung des Verfahrens, wie sie im lateinischen Recht stets vorgesehen ist, in solchen Fällen wegfällt. Die Einleitung des Verfahrens, die Beweiserhebung und der Entlassungsbeschluss liegen in der Verantwortung desselben Organs. Erst nach der Entscheidung über die Entlassung wird mit jener Autorität, der das Kloster untersteht, eine weitere Instanz einbezogen. Der Vollzug der Ent­lassung ist erst möglich, wenn diese Autorität das Dekret approbiert hat (c. 500 § 4 CCEO). Ein wichtiges Element der klosterexternen Kontrolle und damit auch des Rechtsschutzes für das betroffene Mitglied kann also erst relativ spät im Verfahrensablauf zur Geltung kommen. Bemerkenswert ist auch die Bestimmung des orientalischen Rechts, dass eine Entlassung gegebenenfalls auch ohne vorausgegangene zweimalige Verwar­nung des betreffenden Mitglieds vorgenommen werden kann.13 Diese Möglich­keit ist in jenen Fällen gegeben, in denen die Natur des Entlassungsgrundes die 13 Die von Jobe Abbass vertretene Auffassung, der CCEO gehe immer von einer schriftlich erteil­ten Verwarnung aus, ergibt sich nicht zwingend aus dem Gesetzeswortlaut (Abbass, J., The Consecrated Life [wie Anm. 4], 274). Denn die Vorschrift von c. 500 § 2, 3° CCEO, wonach dem Mitglied die Entlassungsgründe schriftlich dargelegt werden müssen, erstreckt sich nicht auch auf die Verwarnung. Es ist durchaus denkbar, dass die Verwarnung mündlich (und vor Zeugen) erteilt und (gleichzeitig) die vorgebrachten Entlassungsgründe schriftlich ausgehändigt werden.

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