Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

IUS CANONICUM - Stephan Haering OSB, Das Verfahren zur Entlassung aus einem Ordensverband

210 STEPHAN HAERING, OSB 108 § 1 PastBon) und bei einem Institut diözesanen Rechts vom Bischof der Ordensniederlassung des betroffenen Mitglieds bestätigt wird (c. 700 CIC). Das Mitglied hat das Recht, innerhalb von zehn Tagen nach Kenntnisnahme des Dekrets Beschwerde bei der zuständigen Autorität einzulegen; auf diese Möglichkeit muss im Dekret ausdrücklich hingewiesen werden. Das Einlegen der Beschwerde setzt die Wirksamkeit des Dekrets vorläufig aus. Die zustän­dige Autorität für die Beschwerde ist in beiden Fällen der Apostolische Stuhl, nämlich die genannte Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens. Was im Fall einer Bestätigung des Entlassungsdekrets durch den Diözesan- bischof den üblichen Regeln des hierarchischen Rekurses entspricht, mag bei einer Bestätigung durch die kúriaié Kongregation überraschen. Denn dieselbe Behörde, die das Dekret ausgestellt hat, muss sich mit einer Beschwerde dage­gen befassen. Gleichwohl ist eine andere Regelung kaum vorstellbar, weil es keine dem Dikasterium hierarchisch übergeordnete Instanz gibt, die mit der Be­arbeitung der Beschwerde zu betrauen wäre. Außerdem ist es durchaus denk­bar, dass im Rahmen der Beschwerde der Kongregation neue Gesichtspunkte vorgetragen werden, die ihr aus den Akten, die der oberste Leiter vorgelegt hat­te, noch nicht bekannt waren. Die neu geltend gemachten Aspekte können dazu führen, dass die Kongregation der Beschwerde gegen das Dekret, das von ihr selbst ja nicht ausgestellt, sondern nur bestätigt wurde, stattzugeben bereit ist. Gegen eine ablehnende Entscheidung der Beschwerdeinstanz bleibt dem be­troffenen Mitglied schließlich noch die Möglichkeit einer verwaltungsgericht­lichen Klage bei der Apostolischen Signatur. Elemente des Rechtsschutzes für das zu entlassende Mitglied bei der Entlas­sung durch ein Verfahren sind, wenigstens was die mehrfache Stufung des Ver­fahrens angeht, reichlich vorhanden. Zunächst muss das Mitglied von dem De­likt, das ihm vorgeworfen wird, unterrichtet werden und ihm die Möglichkeit zur Verteidigung offenstehen. Handelt es sich um einen Tatbestand, der nicht obligatorisch die Entlassung nach sich zieht, muss das Mitglied zuvor sogar wenigstens zweimal verwarnt und auf diese Weise zu glaubhafter Besserung seines Verhaltens angehalten werden. Außerdem hat das Mitglied bereits in dieser Phase die Möglichkeit, sich mit seinen Vorstellungen an den obersten Leiter zu wenden. Nach den Maßnahmen und Erhebungen auf der Ebene des höheren Oberen geht das Verfahren zum obersten Leiter beziehungsweise zum Diözesanbischof, wo über die Entlassung entschieden wird. Fällt die Entscheidung ordensintem, kommt nun auch wieder das Element einer Beteiligung mehrerer Personen zur Geltung, das einer unangemessenen Voreiligkeit oder gar Willkür zum Nachteil des Mitglieds Vorbeugen kann. Dem gegebenenfalls zuständigen Diözesanbischof traut der Gesetzgeber dagegen die nötige Unvoreingenommenheit und Klugheit zu, allein eine Entscheidung über die Entlassung zu treffen. Sich mit geeigneten

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