Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Leo Scheffczyk und die Tübinger Schule
108 ZOLTÁN ROKAY Die schrittweise Enthüllung der Offenbarung - durch die Geschichte, geschieht nach Kuhn aus Pädagogischen Gründen, wobei er sich ausdrücklich auf Lessing beruft.67 Es wäre aber eine Verfälschung der Wahrheit, wenn man unter Erziehung, Pädagogik nur die menschliche verstanden hätte.68 3. Die Katholische Kirche Im nächsten Kapitel wird zwar von dem Verhältnis der Tübinger Schule zu Schelling thematisch gesprochen werden, da aber Kuhns Idee der Kirche und ihrer Katholizität gerade in seiner Auseinandersetzung mit Schelling am schärfsten zum Ausdruck kommt, scheint es gerechtfertigt zu sein einige Stellen aus seinem Aufsatz: „Die Schelling’sche Philosophie und ihr Verhältnis zum Christentum“69 anzuführen. Es geht dabei um die Autorität der Vernunft und Philosophie und um das Schicksal der Offenbarung und Kirche gemäß seiner Auffassung von der „Vollendung“ der Philosophie. Dazu bemerkt Kuhn: „Es versteht von selbst, dass das neue Christentum auch eine neue Kirche will, oder gar keine Kirche, wenn es ein nagelneues ist. ,Mein Standpunkt*, sagt Schelling (...) ist das Christentum in der Totalität seiner geschichtlichen Entwicklung in der Weise nämlich, wie wir gesehen, so also, dass z. B. als die ächt christliche Trinitätslehre die Verschmelzung der sabellianischen und ariani- schen mit der orthodoxen bezeichnet, und von diesen dreien jede für sich nur als ein Moment der Wahrheit anerkannt wird; ,mein Ziel* fährt er fort, ,jene erst wahrhaft allgemeine Kirche allein im Geiste zu erbauen und nur in vollkommener Verschmelzung des Christenthums mit der allgemeinen Wissenschaft und Erkenntniss - wenn Kirche hier noch das rechte Wort ist.*“70 Bezüglich der „Ekklesia“ - Etymologie Schellings bemerkt Kuhn: „Gewiss, jene Schranke wird fallen und die Kirche aufhören die Versammlung der Gläubigen zu sein mit Ausschluss der Ungläubigen, wenn einmal Jeder einen eigenen Glauben, oder Alle keinen mehr haben! Das Erste aber führt auf das Andere hinaus (.. ,)“71 Kuhn unterzieht auch einer scharfen Kritik, was Schelling über Katholizismus und Protestantismus sagt72, und zum Abschluss mit einem Hinweis auf die Philosophiegeschichte im allgemeinen, und auf die „Denkentwicklung“ Schellings im besonderen, schliesst seine Auslegung mit den folgenden Worten ab: „Die 67 Zitiert nach Scheffczyk, L. (Hrsg.), Theologie in Aufbruch und Widerstreit, 93. 68 Ebd. 69 Theologische Quartalschrift 27/1 (1845) 10-39. 70 Ebd. 39. 71 Ebd. 72 Ebd. 39.