Folia Canonica 11. (2008)

STUDIES - Géza Kuminetz: Das Wesen und die Bestimmung der Autorität und der Machtz katholisch betrachtet

DAS WESEN UND DIE BESTIMMUNG DER AUTORITÄT 181 neren Zwänge im grossen und ganzen zusammengehalten werden. Es gibt praktisch keine Gewissensverpflichtung mehr. Der rechtliche Zwang ist aber in sich genommen nicht ausreichend, dass eine Gesellschaft dauernd Frieden und Wohlbefinden geniesst, und zwar darum, weil das Recht eher nur dem äusse­ren Schutz eines bestimmten Minimums der Werte dienen kann, und nicht da­zu fähig ist, seine Untergeordneten nach den idealen Höhen von denselben Werten von innen aus zu fuhren. Der blosse Zwang ohne Einsicht macht einen wild oder terrorisiert den Menschen, dass heisst er entfremdet ihn. Das Zerstö­ren des religiös-moralischen Ideals bringt verbrecherische Massen und verbre­cherische Staaten aus sich hervor. Und der Massenmensch ist derjenige (und auch der aus ihm gewordene Leiter), der keine Ideale über sich sieht aber er auch keine sehen will (dieser Charakterzug bedeutet in die Sprache der Reli­gion übersetzt, dass er nicht dienen will, also er revoltiert im vomhinein gegen jede Art von Autorität). Der Massenmensch beanprucht und nimmt auch keine Lehre an, sein einziger Ziel ist es, die hergestellten Güter zu gemessen.45 De­mentsprechend ist er von utilistischer Mentalität, und das tritt das Gewissen mit Füssen. So fühlt er die Sünde auch nicht als Sünde, er denkt, dass er die Entlas­tung schliesslich sowieso erhalten kann. Als Erlösung dieser Krise empfiehlt die katholische Weltanschauung die Rückkehr zu den sakralen Wurzeln, zum Staat des Naturrechts, in dem die Staatsmacht, die religiöse Macht und Zivilsphäre einen legitimen Ort haben und sie auf koordinierte Weise Zusammenarbeiten können. Zurück zum reli­giös-moralischen Ideal, zur Anerkennung der Autorität von Gott, das heisst zur Tugend des Gehorsams. Der Staat muss wieder Hüter und Verkörper der mo­ralischen Idee sein, er soll das Volk lehren und erziehen,46 ihr Heiligwerden sichern (das wäre die im katholischen Sinne genommene Religionsfreiheit) und es nach den Prinzipien des Naturrechts zu regieren. Die Einfügung in die Schöpfungsordnung bringt sowohl dem Menschen, der Person als auch der Gemeinschaft und den Völkern Frieden und Glück. Und das wird durch die einzelnen Abarten der Autorität, beziehungsweise durch die ihr Wirken ver­sichernde und integrierende Staatsmacht und religiöse Macht gesichert. Es ist gleichfalls die Aufgabe der unversehrten staatlichen Autorität und Macht, über 45 Der Überfluss der hcrgcstellten Güter wurde und wird durch die Entwicklung der Wissen­schaft und Technik ermöglicht. Der Überfluss der Güter hat in den technokratischen Gesellschaf­ten einen besonderen Wert. Ein Grund für die Vermassung ist die Machinolatrie, mit deren Hilfe die Güter der Massen in Hülle und Fülle und mit Sicherheit zur Verfügung stehen können. “ Der Unterricht und die Erziehung setzt ohnehin die Autorität voraus, und ohne ihre wirksa­me Tätigkeit bauen sich die Ideale und Werte nicht ins Bewusstsein der Mitglieder der neunen Generation ein. Die die Autorität vertretende Person vermittelt nämlich den Wert und das Ideal, mit denen die sich unter der Wirkung der Autorität betätigende menschliche Person eins werden soll. Das bedeutet, dass es äusserst gefährlich ist, den Unterricht und die Erziehung als ein Mark­taustausch aufzufassen, weil das unentbehrliche Einswerden ausbleibt, das die unausweichliche Voraussetzung für eine reife Persönlichkeit ist. Das ist ein Zeichen für den Missbrauch der wirt­schaftlichen Macht und Autorität.

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