Folia Canonica 11. (2008)

STUDIES - Géza Kuminetz: Das Wesen und die Bestimmung der Autorität und der Machtz katholisch betrachtet

180 GÉZA KUMINETZ er muss auserwählt sein.43 Da das Individuum am meisten sich selbst oder seine Familie regiert, gilt das Prinzip vom Auserwähltsein auch für ihn. Der Führer, der Auserwählte ist nicht nur einfach eine aus der Masse ausgewählte Person. Er ist nicht „einfach ein ausgezeichneter Mensch, e-gregius, der aus der Herde hervorragt, wie der Riese mit seinem Körper, der Aristokrat durch seine Ge­burt, der Reiche mit seinem Vermögen und das Genie durch seine Begabung, sondern er ist se-gregatus, der von anderen, von der Masse getrennt wird. Das Gegenmittel für die Vermassung ist nicht der Ausgezeichnete sondern der Auserwählte. Solange jemand nur ausgezeichnet ist, ragt er aus der Menge her­vor, wie der zum König gewordene junge Saul mit seiner hochgewachsener Gestalt aus dem Volk; aber mit dem grössten Teil seines Daseins steht er in ihm und lebt aus ihm; wenn jedoch nicht, kommt er auf den unbetretenen Pfaden der Einzelgänger abhanden. Der nur ausgezeichnete Mensch ist ständig in der Gefahr der Vermassung, wie das bei der Geburtsaristokratie und bei den verrä­terischen Schreibkundigen zu beobachten ist. Der Auserwählte wächst jedoch nicht aus der Masse aus, sondern eine höhere Kraft hebt ihn aus ihr hervor und hält ihn hoch über ihr. ... Diese Menschen und ausschliesslich diese können den Vorgang der Vermassung anhalten, denn ausschliesslich sie sind es, die von der Massengesinnung frei sind und mit ganzer und voller Entschlossenheit auf dem Gegenpol stehen. Sie und ausschliesslich sie sind nicht in der Versuchung, Masse zu werden; sie kamen nicht aus ihr, leben nicht von ihr, und so vermag die Masse auch nicht sie zu sich selbst herabzureissen”.44 6. Abschluss Infolge der der katholischen Lehre gegensätzlichen und absurden Utopien demonisiert sich die Gesellschaft. Die gesellschaftlichen Bande, die sich auf die natürliche moralische Ordnung und auf das Naturrecht als eine spezifische Autoritätsquelle gestützt und gegründet hatten, wurden immer schwächer, und unter solchen Umständen können die Massen nur durch die äusseren und in­43 Nach Antal Schütz sind die Auserwählten in drei Kategorien zu zählen: die Hierarchen, das heisst die Bewahrer der gesellschaftlichen Ordnung und der Gesetze, die Hüter der heiligen Über­lieferung, diejenigen, die Disziplin halten und nötigenfalls Strafen erteilen. Dann die Propheten und zum Schluss die Apostel, das heisst die Erzieher in Gottes Reich. Antal Schütz zählt die Begab­ten nicht dazu. Er sagt, dass „der Begabte und das Genie im Besitze des Auserwähltseins grosse Dienste machen können. ... aber die Begabung kann die Berufung nicht ersetzen — nicht einmal das Genie; denn es fehlt ihm etwas, ohne was es unmöglich ist, der Massengesinnung die Oberhand erhalten, es fehlt ihm die Autorität: die spezifische Macht, die sich ohne Gewalt und doch mit Kraft von oben auf das Gewissen herablässt, einen in die Knie zwingt und in den Stromkreis eines höhe­ren Lebens schaltet. Der Nur-Bcgabte argumentiert, diskutiert und einen zur Diskussion anspomt, ist gesitreich aber erlöst einen nicht. Bei Geistreicheleien von Geistesgrössen ist das Athen von Pe­rikies gestorben, und die Zwiste von politischen Begabten beeerdeten das republikanische Rom.” Vgl. Schütz, A., Tömeg és elit [ Masse und Elite], in Id., Őrség, 239. 44 Vgl. Schütz, Tömeg és elit, 237-238.

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