Folia Canonica 11. (2008)

STUDIES - Géza Kuminetz: Das Wesen und die Bestimmung der Autorität und der Machtz katholisch betrachtet

DAS WESEN UND DIE BESTIMMUNG DER AUTORITÄT 161 daraus kommt das Verb ’nevel’ (=erziehen) und das Substantiv ’nevelés’ ^Er­ziehung). Das lässt die Beziehung zwischen der Erziehung und Autorität ver­muten. Und wenn wir das Wort Macht hören, hören wir daraus auf ähnliche Weise nur die Übertreibung heraus. „Hören wir das Wort Recht, denken wir alle an etwas anderes. Vielleicht am besten kommt derjenige dabei an, der das Recht bloss durch die Person des Gemeindedieners und des Gendarms kennt. Der kann mindestens mit etwas Verzicht denken: das Recht ist die Äusserung der Macht den unterdrückten oder unterdrückbaren Untertanen gegenüber. Am schlechtesten ist die Lage von dem, der das Recht durch die „Handwer­ker” des Rechts kennengelernt hat. Das verursacht in diesem Menschen eine äusserst grosse Erbitterung und Verachtung, weil er auf diese Weise nicht das Recht sondern seine Parodie, die Möglichkeiten des Spielens mit ihm und sei­nes Ausspielens erkennt, und im Recht vor ihm eine dem Guten, Rechten und Sittlichen ganz fremde und schlaue Welt erscheint. Zwischen beiden Extremi­täten können wir zahlreiche Möglichkeiten und Stufen finden, von denen wir nur eine erwähnen möchten: das Recht ist eine interessenmässige Forderung, sagt man, alles dreht um meine Person herum. Das Recht ist es, was mir ent­spricht, was ich demzufolge mit allen Mitteln fordern und erzwingen kann. Im grossen und ganzen bezeichnen die drei aufgezählten Typen die Entwicklung der theoretischen Auffassung des Rechtes und seine praktische Verwirkli­chung. Sie haben die gemeinsamen Charakterzüge: die Entartung der Idee der Macht beziehungsweise der Machtüberschritt.”7 Obwohl der Verfasser über das Recht spricht, betrachtet er es jedoch als die eigenartigste Äusserungsweise der Macht, und seine Entartung macht er für das Umsichgreifen der gesell­schaftlichen Probleme verantwortlich. Daraus ist es zu sehen, dass die Katego­rien der Autorität und der Macht eine Weltanschauungsfrage von stategischer Wichtigkeit sind. Wer sich zu welcher Weltanschauung bekennt, wird es auch seine Auffassung über diese Begriffe und über die ihnen entsprechenden Wirk­lichkeiten so sein. Diese Aussage lässt vermuten, dass ein jeder eine ihm gefäl­lige Weltanschauung wählen oder schaffen kann. Das ist aber nicht so, denn ausschliesslich die rechte Weltanschauung das Recht zum Dasein und Aner­kanntsein hat. Natürlich ist diese Frage auch die Grundfrage der Philosophie selbst: was kann ich erkennen?8 Das allerletzte, subjektive Forum ist die Stimme 7 Vgl. HorvAth S., Örök eszmék és eszmei magvak Szent Tamásnál [Ewige Ideen und Ide­ensamen beim heiligen Thomas], Budapest 1944, 213. 8 Hier lohnt es sich vielleicht eine der Geschichten vom Vater Anthony de Mello einzustechen, die das Wesen der menschlichen Erkenntnis treffend ausdrückt: „Es gibt drei Stufen der geistigen Entwicklung eines Menschen: die sinnliche, die geistige und die göttliche — sagte der Meister. — Was versteht man unter sinnlicher Stufe? - fragten die Schüler. - Das ist die Stufe, auf der Bäume als Bäume und Berge als Berge angesehen werden. — Und die geistige? — Auf ihr sieht man tiefer in die Dinge hinein, dann sind Bäume nicht mehr Bäume und Berge nicht länger Berge. — Und die göttliche? - Nun das ist ist Erleuchtung - sagte der Meister mit leisem Lachen - wenn die Bäume wieder zu Bäumen und die Berge wieder zu Bergen werden”. Vgl. De Mello, A., A csend szava. Egy perc bölcsesség [Das Wort der Stille. Eine Minute Weisheit], Budapest—Kecskemét 203, 56.

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