Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Peter Landau: Seelsorge in den Kanonessammlungen von der Zeit der gregorianischen Reform bis zu Gratian

76 PETER LANDAU Sammlung steht der Pseudo-Eugenius-Text inmitten von Übernahmen aus der- Fünf-Bücher-Sammlung124. Das lässt ähnlich wie im Fall der Rezeption des Pseudo-Bonifatius durch die Collectio Farfensis den Schluss zu, dass Pseu- do-Eugenius über eine verlorene Handschrift der Fünf-Bücher-Sammlung in die Riccardiana gelangte. Ich komme damit zu dem Ergebnis, dass der Ursprung der beiden antimona- stischen Fälschungen in der Region der Toskana zu suchen ist. Wenn man an­nimmt, dass es sich in beiden Fällen um eine Reaktion auf die spätestens seit 1058 in Italien bekannten promonastischen Fälschungen von Pseudo-Bonifatius und Pseudo-Gregor handelte, lässt sich die Entstehungszeit der Fälschungen auf etwa 1060/1070 eingrenzen. Vielleicht stehen sie auch in einem Zusammenhang mit Alexanders II. Dekretale von 1064 an Klerus und Bürger von Florenz mit der dort enthaltenen restriktiven Tendenz gegenüber jeder seelsorgerlichen Aktivi­tät von Mönchen.125 Hierzu passt, dass man den Pseudo-Eugenius-Text als Zu­satz zu einer Sammlung von Vorschriften für Regularkanoniker aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts findet, die eine Notiz bringt, in der der Tod eines Kle­rikers Bonifilius am 27. Juli 1067 vermerkt wird.126 Die promonastischen Fäl­schungen entstanden im 11. Jahrhundert in Nordfrankreich oder im westlichen Randgebiet des Reiches, die antimonastischen in Mittelitalien. Was lässt sich über die weitere kanonistische Rezeption des Pseu- do-Eugenius ermitteln? Auch dieser Text wurde von Anselm von Lucca, Deus- dedit und Bonizo übergangen. Ivo von Chartres hat ihn ebensowenig wie das Pseudo-Nicaenum gekannt. Pseudo-Eugenius fand auch noch 1111 keine Auf­nahme in der Sammlung Polycarp. Auch hier sind es aber nach 1100 die erwei­terten Fassungen der Sammlung Anselms, die diesen Text rezipieren. Pseu­do-Eugenius wurde zunächst in die Rezension A‘ des Anselm von Lucca aufge­nommen, und zwar in alle sechs Handschriften dieser erweiterten Version.127 Er steht hier unmittelbar vor einer an den Bischof von Bologna gerichteten Dekre­tale Papst Paschalis1 II.,128 die ebenso wie Pseudo-Eugenius in Gratians Dekret 124 Collectio Riccardiana c. 204, f. 83r. 125 JL4552-cf. obenn. 47. 126 Es handelt sich um m.s. Vat lat. 1351 - cf. C.D. Fonseca, Medioevo Canonicale in Pubbli- cazioni deli 'Università Cattolica del Sacro Cuore. Scienze storiche 12, Milano 1970, 100 und 91. Der Text des Dekrets von Pseudo-Eugenius wird auf f. 94v zweimal hintereinander ge­bracht. Die zweite Fassung beginntmit „Placuit domnus Karolus rex et sanctissimus Eugenium (!). Instituimus nobis de ordo (!) monachorum ut nullus monachus” und bringt folgenden Schlusssatz: „Dominus Karolus rex et cuncti episcopi et sacerdotes qui in sancta sinodo erant confirmamus et placet nobis.” Cf. hierzu auch Kuttner - Elze, A Catalogue (Fn. 99), ibi 113s. 127 Ans. A’ 5.68 - cf. Landau, Die Rezension C (Fn. 87), 34. Der Text ist in den vier Hand­schriften von A’ und auserdem in den mit dieser Rezension eng zusammenhängenden Hand­schriften Ashburnham 53 und Pisa, Seminar 59 rezipiert. Zu den Rezensionen cfr. das Stem­ma in meiner Arbeit ‘Erweiterte Fassungen’ (Fn. 87), 338. 128 JL 6616 (zwischen 1104 und 1118). Zu dieser Dekretale cf. U.-R. Blumenthal, De­crees and decretals of Pope Paschal Ilin twelfth century canonical collections, in BMCL N.S.

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