Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Peter Landau: Seelsorge in den Kanonessammlungen von der Zeit der gregorianischen Reform bis zu Gratian

SEELSORGE IN DEN KANONESSAMMLUNGEN 77 aufgenommen wurde129 und dieselbe antimonastische Tendenz wie die Fäl­schung aufweist — auch Paschalis II. vertritt die Ansicht, dass Mönche keine Kompetenz zur Verwaltung des Busssakraments hätten, obwohl sie sich dies in der Diözese Bologna anmassen würden. In die aus Norditalien um 1130 stammende Rezension C des Anselm wird Pseudo-Eugenius ebenfalls aufgenommen,130 hier in unmittelbarer Nachbar­schaft zum gleichfalls rezipierten Pseudo-Nicaenum. Die gleiche Situation ha­ben wir in der Lucca-Rezension des Anselm (Bb), wo ebenso das Pseu­do-Nicaenum auf Pseudo-Eugenius folgt.131 Ferner findet man Pseu­do-Eugenius in der wahrscheinlich um 1120 in Rom entstandenen zweiten Re­zension des Polycarp,132 so dass eine Verbreitung des Textes durch einige italie­nische Kanonessammlungen bereits vor Gratian erfolgte. Auch das aus Nordita­lien stammende Leipziger ‘Dossier’ über die Rechte der Mönche enthält Pseu­do-Eugenius in unmittelbarem Anschluss an das Pseudo-Nicaenum mit der In-skription „Eugenius papa ad Carolum imperatorem.”133 Pseudo-Eugenius scheint auch c. 16 des ersten Laterankonzils in der sog. ß-Version dieser Kanones beeinflusst zu haben,134 so dass wir mit Sicherheit annehmen können, dass Pseu­do-Eugenius spätestens um 1120 an der römischen Kurie bekannt war. Schliesslich sei noch hervorgehoben, dass die bereits erwähnte Sammlung des Manuskripts Vat. lat. 1361 sowohl Pseudo-Nicaenum als auch Pseu­do-Eugenius kennt, aber die beiden Texte bei der Aufnahme in die Sammlung völlig umformt, so dass aus den gegen die Seelsorge der Mönche gerichteten Fa­brikaten Texte werden, die das Recht der Mönche und der Kanoniker auf Seel­sorge vehement verteidigen. Fälschungen wurden im 12. Jahrhundert nochmals verfälscht, wenn es die Situation erforderte.135 Die beiden Falsifikate von Falsi­fikaten werden im Appendix zu dieser Arbeit erstmals ediert.136 10 ( 1980) 15-30, hier 27 - auch Id., Papal Reform and Canon Law in the 11th and 12th Centu­ries, Aldershot 1998, no. XII. 129C.16, q.l, C.9. 130 Ans. C 5.65 - cf. Landau, Die Rezension C (Fn. 87), 33. 131 Ans. Bb 213b - cf. Landau, ibidem. 132 2 Pol. 1.35.1. Zur zweiten Rezension der Sammlung Polycarpus grundlegend P. Four­nier, Les deux recensions de la collection canonique romaine dite ‘le Polycarpus ’, in Mélan­ges d'archéologie et d’histoire de l’Ecole française de Rome 37 (1918/19), 55-101 - auch in Fournier, Mélanges de droit canonique, vol. 2, Aalen 1983, pp. 703-749; hier zu Pseu­do-Eugenius 88s. (Mélanges 736s.). Die Angabe bei Dereine , Le problème (Fn. 66), 311, dass Pseudo-Eugenius bereits in der Vulgatform des Polycarp enthalten sei, ist unrichtig. 133 Cf. Paxton, A Canonical (Fn.88), 10 (no. 5b). 134 Cfr. J. Alberigo et al. (a cura di), Conciliorum Oecumenicorum Decreta, 3a ed. Bologna 1973,193, c.[16]. 135 Hierzu cf. S. Kuttner, Some Roman Manuscripts of Canonical Collections, in BMCL N.S. 1 (1971) 7-29, hier 11 - auch in S. Kuttner, Medieval Councils, Decretals and Collec­tions of Canon Law, Aldershot 1980, no. II. 136 Cf. den Appendix am Schluss dieses Aufsatzes.

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