Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Helmuth Pree: Die politische und gewerkschaftliche Betätigung geistlicher Personen im CIC (1983) und im CCEO (1990)

DIE POLITISCHE UND GEWERKSCHAFTLICHE BETÄTIGUNG 27 Dabei muss es sich nicht um die Inhaberschaft solcher Gewalt handeln, wie sie z. B. bei einem Staatsminister, Richter, militärischen Befehlshaber, Bürger­meister, vorliegt, sondern es genügt die bloße Teilhabe an dieser Gewalt, wie sie etwa bei Abgeordneten68 69 zu gesetzgebenden Körperschaften, bei Kreis- oder Gemeinderäten70 vorliegt. Selbst die participatio in exercitio ist vom Tatbestand erfasst, wie das etwa auf Vollstreckungsorgane zutrifft. Auch „Beliehene”71 wie z. B. Notare, sind derNormzu subsumieren. Unerheblich ist injedem Fall, ob die öffentliche Funktion durch Wahl, durch Ernennung oder kraft Dienstvertrages übernommen wird. Nicht erfasst sind private Tätigkeiten, auch wenn sie de facto öffentlich sind bzw. im Raum der gesellschaftlichen Öffentlichkeit ausgeübt werden, wie z. B. die Funktion als Dienstgeber, als Vorstand eines privaten (nichtwirtschaftlichen) Vereines nach Zivilrecht, z. B. der Pfarrer als Vorstand eines caritativen Vereines in der Rechtsform eines zivilen „eingetragenen Vereins” (e. V.) gern. §§21-79 BGB. Weiters nicht erfasst sind öffentliche, auch in staatlichen Stellen ausgeüb­te Beratungsímtkúonen, da diese keine Teilhabe an der Ausübung von Hoheits­gewalt mit sich bringen.72 Einen Grenzfall dürfte die Funktion eines Schulleiters an einer öffentlichen (staatlichen) Erziehungseinrichtung sein, zumal dieselbe Funktion bei einer Staaten (Richtlinien), abgesehen von Einzelentscheidungen und Verfügungen. Daher sind die Mitglieder z. B. in Rat und Kommission Teilhabende an „civilis potestas”. 68 Der Vorschlag von Kardinal Siri in der Plenaria 1981, nach den Worten „civilis pote­statis” einzufugen „cum legislativae tum administrativae et iudicialis” wurde mit der Begrün­dung verworfen: „additio non videtur necessaria, quia subintelligitur”: Relatio 1981, Typ.Pol. Vat. 1981, 68 (ad can. 260). 69 Can. 139 C/C/1917 enthielt neben dem Verbot der Übernahme von „officia publica, quae exercitium laicalis iurisdictionis vel administrationis secum ferunt” (§2) noch explizit das zusätzliche Verbot: „senatorum aut oratorum legibus ferendis, quos deputatos vocant, munus ne sollicitent neve acceptent sine licentia Sanctae Sedis in locis ubi pontificia prohibi­tio intercesserit; idem ne attentent aliis in locis sine licentia tum sui Ordinarii, cum Ordinarii loci in quo electio facienda est” (§4). Die Nichterwähnung der Abgeordneten im CIC/1983 (wie auch im CCEO) bedeutet nun nicht, dass Abgeordnetenfunktionen nunmehr mit dem kle­rikalen Stand vereinbar wären, sondern verdankt sich ausschließlich der Einsicht, dass die Abgeordnetentätigkeit ohne Zweifel in der Generalklausel des can. 285 §3 enthalten ist. So auch H. J. F. Reinhardt, in MKCIC, c. 285, Rdn. 4. 70 Für das Verbot gemäß can. 285 §3 C/C/can. 381,1° CCEO macht es keinen Unterschied, ob Kleriker und/oder Ordenspersonen für den Gemeinderat mit einer eigenen, parteiunabhän­gigen Liste kandidieren oder ob sie für eine bestehende politische Partei in den Wahlkampf gehen. Denn das Verbot bezieht sich nicht auf die Art und Weise, wie der Geistliche das öf­fentliche Amt erlangt, sondern auf dessen Natur. 71 Zum Begriff vgl. H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, l4München 2003, §23 Rn. 56. 72 „Ff owever, merely advisory positions would not be banned”: Lynch, in New Commenta­ry (Anm. 54) 376.

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