Folia Canonica 5. (2002)

STUDIES - Brend Eicholt: Gewaltenunterscheidung Statt Gewaltentrennung im kanonischen Verfassungsrecht

200 BERND EICHOLT ee) Zu nennen sind in diesem Zusammenhang noch folgende Vorschriften: Aus Artt. 19 Abs. 2,52,53 PB ergibt sich, daß die Kongregation fur die Glau­benslehre - obwohl Verwaltungsbehörde - auch als Gericht tätig werden kann.118 In Artt. 117 ff. PB wird die Apostolische Poenitentarie als Gericht bezeichnet - obwohl die Aufgaben (z. B. Gewährung von Ablässen, Absolutionen, Dispen­sen, Befreiungen) nicht der richterlichen, sondern der ausfuhrenden Gewalt zu­zurechnen sind. Daher ist die Apostolische Poenitentarie eine Behörde.119 Das Verfahren zur Feststellung des Todes (c. 1707 CIC) wird ebenfalls im VII. Buch des CIC „Über die Prozesse” behandelt. Auch hierbei handelt es sich nicht um ein gerichtliches, sondern um ein verwaltungsmäßigesVerfahren.120 Entsprechendes gilt für das Verfahren zur Ab- bzw. Versetzung von Pfarrern (cc. 1740 ff., 1748 ff. CIC). Zuletzt ist noch einmal auf c. 1700 § 2 CIC hinzuweisen: Obwohl dort von ei­nem Prozeß die Rede ist, ist die Untersuchung des Nichtvollzugs ein Verwal­tungsverfahren. 120a Hintergrund der ungenauen Begriffe in diesen Vorschriften dürfte wohl sein, daß dort die Aufgabe des Begriffs der „ausführenden” Gewalt i. S. des c. 335 CIC 1917 zugunsten der neuen Systematik in c. 135 § 1 CIC nicht konsequent berücksichtigt worden ist. c) Schließlich ist noch zu prüfen, ob es auch Überschneidungen zwischen der richterlichen und der gesetzgebenden Gewalt gibt. In Frage kommt hier c. 1399 CIC.121 Gemäß c. 1399 CIC kann eine Bestrafung wegen einer Verletzung eines göttlichen oder kanonischen Gesetzes auch dann erfolgen, wenn das Gesetz kei­ne Strafandrohung enthält. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß die besondere Schwere der Rechtsverletzung eine Strafe fordert und die Notwendigkeit drängt, Ärgernissen zuvorzukommen oder diese zu beheben. An dieser Stelle soll nicht die Problematik von c. 1399 CIC behandelt werden,122 sondern nur die Frage, ob ll8I. Riedel-Spangenberger, Grundbegriffe des Kirchenrechts, Paderborn 1992, S. 122; in Betracht kommt insbesondere die Strafverfolgung wegen Häresie, Apostasie und Schisma (s. Art. 28 der Ordnung der Kongregation für die Glaubenslehre vom 29. Juni 1997 für die Lehr- überprülung, Archiv für katholisches Kirchenrecht 166 (1997) S. 142 ff). 119 W. Aymans — K. MÖRSDORF, Kanonisches Recht, Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Band II, Verfassungs- und Vereinigungsrecht, Paderborn 1997, S. 254. 120 vgl. Amann, Verwaltungsakt (Fn. 80), S. 196. 120,1 Zum Nichtvollzugsverfahren s. M. Stamm, Das Verfahren zur Erlangung der Dispens von der nichtvollzogenen Ehe, in E. Güthoff-K.-H. SF.LGF.(Hsg.),ÖPA/5 (1998), S. 75 ff. 121 Da - wie oben erwähnt - das gerichtliche Strafverfahren die vom Gesetzgeber gewollte Regel ist, wird diese Frage hier und nicht im Rahmen des Verhältnisses „gesetzgebende und ausführende Gewalt” behandelt. 122 zur Kritik s. umfassend MK-Lüdicke (Fn. 45), c. 1399 Rn. 2.

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