Circulares litterae dioecesanae a 16-a maji-31-am decembris 1867. ad clerum archi-dioecesis strigoniensis dimissae a principe primate regni Hungariae et archi-episcopo Joanne Simor

Joannes Simor

10 Durst nach Wahrheit stillen will, noch einen Zweifel übrig Hesse, so würden wir ihn hinauf­führen auf die Grenz-Scheide der Zeiten, wir würden ihm die Welt vor Christus zeigen, in ihrem tausendgestaltigen Götzendienste, in ihren Gottheiten für alle Frevel, in den Greueln ihrer Opfer und Altäre, die selbst von Menschenblut triefen, in ihrem wahnwitzigen Aber­glauben, und verzweiflungsvollen Unglauben. Von der Stirne dieses verblendeten Menschen würden wir die Binde lösen und vor seinen starren Blicken das grässliche Brandmal der grössten und allgemeinsten Lasterhaftigkeit enthüllen, wie je die Erde sie getragen. Die grosse Mehrzahl der Menschen soll unser Pilger in den furchtbarsten Sklavenbanden sehen, und über den völligen Untergang des Familienlebens mit seinem Glück und seinen Freu­den soll er blutige Thränen vergiessen, und vor der .rasenden Tyrannei der römischen Weltherrscher mag er seine Kniee beugen. Mit Ehrfurcht nahe er dem Sterbelager des weisesten der Griechen, um von den bleichen Lippen des Philosophen von Stagira den Klageruf zu vernehmen: „In Zweifeln habe ich gelebt, in Aengsten sterbe ich, ich weiss nicht, wohin ich gehe. Wesen, aller Wesen, erbarme dich meiner!“ Endlich trete er in die Wohnung des römischen Geschichtsschreibers Tacitus, und folge seinem viel­kundigen Griffe], wie er den Schmerzensschrei niederzeichnet: „dass dem Menschenge­schlechte keine Hoffnung, sondern nur die Verzweiflung geblieben sei.“ Nun lasset uns hineilen zu Christus, dem Vater der Zukunft. Von der Höhe des Kalvarienberges herab, wollen wir dem Triumpfzuge des Lichtes einer Lehre folgen, wel­che nur durch die Kraft ihrer Wahrheit eine Welt von Göttern und Götzen niederwirft. Diese Lehre hervorgegangen aus dem Munde Christi, hat dem Menschengeiste die Erkennt- niss vom göttlichen Wesen, vom Ursprünge und der Bestimmung des Menschen wiederge- geben, Grundwahrheiten, welche in der Nacht der Vielgötterei, und in dem Abgrunde der Lasterhaftigkeit untergegangen waren, und nach deren sicherem Besitze die Vernunft der Weisesten vergebens rang. Ueber diese Wahrheiten hat die Offenbarung jene leuchten­de Gestirne von unendlicher Höhe und Tiefe aufgestellt, ich meine die Dogmen von der Dreieinigkeit Gottes, von der Menschwerdung des Sohnes, vom Sündenfalle, von der Erlö­sung, von der Wiederherstellung in Jesus Christus. Es ist wahr, diese Wahrheiten stehen unendlich hoch über die Fassungskraft unserer Vernunft; aber unerschütterlich fest gestellt auf den Beweggründen des Glaubens an Christus und sein Wort, hält sie diese sämmtlichen Mittheilungen fest, als die kostbarsten Geheimnisse, und harret der Stunde jenes Tages, wo der demüthige Glaube in wonnevolles Schauen sich erweitern wird. Die christliche Lehre ist die einzige und wahre Philosophie geworden. Der Beweis hiefür ist sehr einfach; denn jede Abweichung von ihr führt entweder zu den Muthmassungen und Irrthümer der heidni­schen Weltweisen zurück, oder wo ein auftauchendes Lehrgebäude etwas Wahres hat, kann man ihm darthun, dass es ein Bruchstück aus der Lehre Christi ist, welches der beschei­dene Denker für allein berechtigtes Prinzip erklärt, dem dann die blendende Dialektik der eitlen Vernunft Fleisch und Blut geben muss, und an dessen Seite die Leidenschaften frei und üppig wuchern. Morgen stürzen freilich die morschen Pfeiler des vielgepriesenen Sy­stems in sich selbst zusammen, und begraben es in ihren Trümmern, nachdem es viel Lärm, und noch mehr Unheil angestiftet, aber nicht einen Geist weiser, und nicht ein Herz besser gemacht hat. Siehe dagegen die erhabene Lehre Christi: sie erleuchtet, und sättigt den

Next

/
Thumbnails
Contents