Circulares litterae dioecesanae a 16-a maji-31-am decembris 1867. ad clerum archi-dioecesis strigoniensis dimissae a principe primate regni Hungariae et archi-episcopo Joanne Simor
Joannes Simor
9 sie auch in unglücklichen Zeiten durch Verfolgung und Abfall verloren. Diese Anziehungskraft übt sie aus durch das Geheimniss des Glaubens, „wer ist’s, der die Welt überwindet, als der, welcher glaubet, dass Jesus Christus ist Gottes Sohn.“ *) In unseren Tagen wagt sich der Aufruhr in gewaltigem Andrange gegen diesen Glauben, und seine Trägerin und Verkünderin die Kirche: bald offen, bald versteckt; da im Gewände der Wissenschaft, dort im Geifer des Spottes; jetzt mit dem Ansehen eines gründlichen Gelehrten, ein andermal im heissenden Hohn des Witzlinges; auf den schlüpfrigen Brettern des Theaters, und in der Phanlasiewelt der Romane; im aufgezierten Salonj und im Tabackqualm der Gast- und Kaffeehäuser; in den spaltenreichen Zeitungen der Haupstädte, und in den Winkelblättern der Provinz; in geheimen Klubbs, und in öffentlichen Versammlungen. Allenthalben will man in Wort und Schrift zu verstehen geben, als hätte Jesus Christus aus jenem fernen Jahrhunderte herüber, in welchem er durch die Ei- genthiimlichkeit seiner Lehre, und durch das Verliängnissvolle seines Todes Aufsehen machte, zu den bevorzugten Kindern des neunzehnten Jahrhundertes kaum mehr eine Beziehung; man redet und schreibt von seiner Religion, als wäre sie ein unbrauchbar gewordener Vorrath schöner Sentenzen, strenger Satzungen und wunderlicher Zeremonien • von seiner Kirche, als wäre sie eine Versammlung von Fanatikern, von Schwachen und Thoren; von Priestern und Gläubigen, als von Betrüger und Betrogenen, die man zum wenigsten bemitleiden und verachten, aber ganz gewiss unschädlich machen müsse. Lasse sich Niemand verführen. Blicket auf am hellen Mittage, wenn vom wolkenlosen Himmel nieder die Sonne ihre goldenen Strahlen sendet, und sprechet: so gewiss die Sonne über unsere Häupter leuchtet; so gewiss ist Jesus Christus der Erlöser der Menschen, der hochgebene- deite Sohn Gottes, anbetungswürdig in Ewigkeit. Wenn wir unantastbare Beweise hiefür nicht durch seinen eigenen Mund, und durch die Bürgschaft seines Todes hätten, wenn die Heiligkeit seines Lebens nicht zu einem ganzen Volke gesprochen hätte: „Wer von Euch kann mich einer Sünde zeihen;“2) wenn die Erhabenheit seiner Lehre nicht jede Menschenweisheit in den tiefsten Schatten stellte, wenn die Erinnerung an seine Wunder durch Jahrhunderte in Millionen Herzen nicht ungeschwächt fortlebte, wenn seine Auferstehung nur auf die Aussage gemeiner römischer Soldaten begründet wäre, oder ihre Gewissheit nur erhielte durch die verwerflichste Bestechung zu plumper Lüge, wenn die Erfüllung aller Weissagungen über ihn und von ihm nicht so überwältigend, wenn das Zeugniss der Apostel und Evangelisten nicht so übereinstimmend und mächtig wäre, als es heldenmüthig und erfolgreich gewesen, wenn die Angriffe gegen die Person Christi, gegen seine Kirche, gegen unsere heiligen Bücher und Ueberlieferungen, die von Christus bis auf uns so vielfältig geworden sind, dass man heute kaum mit Mühe, oder vielmehr nur mit überstürzender Hast neue zu finden wähnt, wenn diese Angriffe also nicht eben so vielfach und scharfsinnig, als glänzend und siegreich wären zurückgewiesen worden: wenn sage ich, diese Hinweise auf die Gottheit Jesu Christi in dem Geiste eines gewissenhaften und vorurtheilsfr eien Denkers, der den edelsten Trieb seiner Seele, den ') 1. Joan. 5, 5. — 2) Joan. 8, 46. 2