AZ ORSZÁGOS SZÉCHÉNYI KÖNYVTÁR ÉVKÖNYVE 1984-1985. Budapest (1992)

III. Könyvtörténeti és művelődéstörténeti tanulmányok - Fallenbüchl Zoltán: Mária Terézia magyar dikaszteriális tanácsosai 1740-1780 - Die ungarischen Dikasterialratsmitglieder Maria Theresias 1740-1780

Persönlichkeiten der Dikasterialräte. Unter Maria Theresia wurden in 40 Jahren bei den drei ungari­schen Dikasierien insgesamt 176 Ratsmitglieder ernannt: in 5 Fällen waren auch Ratsmitgliedspraktikanten zugelassen. Die 176 Ernennungen betrafen 157 Personen. Ein Vorrücken von der Hofkammer zur Hof­kanzlci zeigten nur zwei Personen auf: Pál Festetich und Anton Colhmann; beide sehr bedeutende Wirt­schaftsexperte ihrer Zeil. (Die folgenden alphabetischen bzw. chronologischen Tabellen betreffen die Betätigung und die Bio­graphic der einzelnen Dikasterialratsmitglicder. In der ersten Tabelle Dienst als Rat bei den einzelnen Di­kasterien. In der zweiten bedeuten die Rubriken neben den Namen folgende Angaben: Früherer Dienst; Lebensalter bei der Ernennung, Dienstzeit in Jahreszahlen; Dienstjahre als Ratsmitglied; Späterer Dienst; Geburls- und Sterbejahr; Lebensalter beim Tode; Ehe oder Zölibat; Name der Gattin; Zahl der/bisher be­kannten/ Kinder, und zwar: Knaben, Mädchen und insgesamt Die zur Fortpflanzung nicht gelangten sind in Klammern.) Ernennung, Ernennungspolitik. Bei der Hofkanzlei wurden zumeist schon vom Anfang der Regierung Maria Theresias Gcmeinadcligc zum Ratsmilglicd ernannt; manche wurden im Laufe der Dienstzeit zum hochadcligen Ratsmitglied promoviert. Die Ursache dafür scheint zum Teil die Zögerung der Hochadcli­gen gegen Amisgebundenheit des Dikasterialdienstcs und der angestammte Unabhängigkeilssinn dieser, zum Teil aber die Tendenz, einen Dienst-Hochadcl zu erziehen. Die Ratsmitglieder der Ungarischen Hof­kanzlci samt ihren Subalternen, bildeten eine kleine ungarische Insel in Wien; sie spielten dort eine für das Land wichtige Vermittlerrolle. - Beim Statthaltereirat waren in den ersten zwei Dezennien der mari­atheresianischen Regierung noch die Mitglieder der alten ungarischen Magnatensippen tonangebend: nach 1760 immer mehr die zum Hochadcligen beförderte Gemeinadelige, aber auch ganz junge, in Wien (beson­ders im Thercsianum erzogene) Magnatensöhne. Daraus ist eine Verjüngungstendenz im Sinne der absolu­tistischen Bestrebungen ersichtlich. Zwar förderte die Geschäftsführung durch Kommissionen eine Spezia­lisierung der Ratsmitglicder auf verschiedenen Fachgebieten, da aber die einzelnen Personen sich mit mehreren Problemkreisen beschäftigen mussten, war diese Spezialisierung begrenzt. - Bei der Ung. Hof­kammer zeigte sich am Anfang der Regierung Maria Theresias eine Tendenz der Ernennung von ungari­schen Gcmeinadcligcn, mit guter wirtschaftlicher oder historisch-juridischer Expcrienz (Ferenc Török, Ádám Rajcsányi, Jakab Szvetics). Einige Spezialisten wie Johann Anton De Jean de Hanssen (Salzwcscn) und Ferdinand Konrad Posch (Militärversorgung) waren gebürtige Ausländer. Nach Beendigung des Östcr­reichen Erbfolgekrieges kam im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform und des Tributswesens die Frage der Besteuerung des Adels aufs Tapet. Die Dissonanz zwischen der Königin und den ungarischen Ständen wirkten auch auf die Ernennungspolitik aus. Seit 1750 kamen gelegentlich indigcnatslosc Auslän­der in den Ung. Hofkammerat hinein. So zum Beispiel der Ansiedlungscxperte Anton v. Colhmann, der erst viel später das ungarische Indigenat erwarb. Ältere, verdienstvolle ungarische Hofkammcrbcamtc (so z.B. der latein-barocke Dichter Dr. László Füleky) wurden nur zum Titularrat befördert. Es wurden auch Ratsmitglieder ohne ausländischen oder ungarischen Adelsstand ernannt; diese wurden nachträglich geadelt. (So z.B. Franz Joseph Redl, Administrator der Kameralgütcr von Bács.) Begabte, tüchtige Leute (wie z.B. der bekannte Wolfgang v. Kempelcn) waren im Ung. Hofkammerrat keine Seltenheil: der Verdienst ging der ständischen Zugehörigkeil vor. Nach dem Landtag 1764/65 nahm die Königin auf die ständischen Empfindungen keine Rücksicht mehr. In dieser Epoche kamen Anhänger des königlichen Absolutismus in besonders grosser Anzahl in den Ungarischen Hofkammcrrat, darunter mehrere Ausländer. Eine interessante Persönlichkeit der späteren marialhcrcsianischen Periode war Johann v. Schilson, Schriftsteller und Exporter für Städtewesen, ein gebürtiger Ungar. - Dicabsolutistischc Tendenz bedeutete aber bis zum Tode Maria Theresias das Verdrängen ungarischer adeliger Ralsmilgiie­der allen Typs aus den Dikastericn noch nicht. Die Dikasterialratsmitglicder Maria Theresias wurden erst unter Joseph IL rasch abgelöst. Manche kamen aber nach dem Ableben Joseph II. zurück, und erwarben dort wieder starke Positionen bzw. kamen in Holwürden oder andere hohe Anstellungen. Die Dikasterial­ratsmitglicder der marialhcrcsianischen Zeil wirkten noch bis zur Wende des XVIII. und XIX. Jahrhun­derts erfolgreich. Die demographischen Verhältnisse der Dikasterialratsmitglieder. Auf Grund der zur Verfügung stehen­den Angaben ist auch eine statistische Wertung möglich. Die Dikasterialratsmitglieder waren bei ihrem Antritt zum Rat im allgemeinen nicht über 40 Jahre alt; bei der Hofkanzlci am Anfang der Regierung noch über 45, nach 1760 aber kaum über 40. - Die Dicnsidaucr war bei den Dikastericn der ganzen mari­alhcrcsianischen Periode im Durchschnitt 11.7 Jahre; diese zeigte nur bei der Hofkanzlci eine wachsende Tendenz. - Die durchschnittliche Lebensdauer der Dikasterialratsmitglieder war in der ganzen Periode 65 Jahre; bei der Ung.Hofkammcr sogar 66. Sie waren langlebige Leute. - Mehr als der 3/4 Teil der Ratsmit­glicder war als verheiratet bekannt. Im durchschnitt kamen auf die Ehen 3.8 Kinder, sofern die Geburten bekannt sind; ein Teil kann jedoch wegen Mangel der Quellen unbekannt geblieben, so, ilass die tatsächli­che Fertilität grösser war. Die Dikasterialratsmitglicder Maria Theresias waren jcdclfalls eine nicht nur durch geistige Betätigung, sonder auch durch Vitalitätskraft sich auszeichnende Gruppe. 334

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