AZ ORSZÁGOS SZÉCHÉNYI KÖNYVTÁR ÉVKÖNYVE 1968-1969. Budapest (1971)

II. Az OSZK történetéből - Berlász Jenő: Hogyan propagálta Széchényi Ferenc az Országos Könyvtárt? Az értelmiség jelent?ségének felismerése - Wie Graf Ferenc Széchényi die Nationalbibliothek propagierte. Beitrag zur Bedeutung der Intellektuellen in Ungarn am Anfang des XIX. Jahrhunderts

seine Erziehung und Bildung jedoch von den feudal-ständischen Anschauungen weitgehend emanzipiert war und den zur bürgerlichen Entwicklung führenden geschichtlichen Prozess bewußt erkannt hat. Dies wird dadurch bestätigt, daß er sich in seiner durch die gedruckten Katalogbände getriebenen Propagandatätigkeit, bei weitem nicht nach der Aristokratie richtete, obwohl diese gesellschaftliche Kategorie vorzügliche kulturelle Verdienste auf­weisen konnte, aber auch nicht nach dem hohen katholischen Klerus, dessen Vertreter sich als Sammler und Mäzene ebenfalls hervorgetan haben, ja auch nicht nach den adeligen Mittelgrundbesitzern, die sich durch ihre juristische Erudition eben zu dieser Zeit Teilnahme an der politischen Führung errangen,— sondern nach der neuen, aus dem städtischen Bürger­tum und dem besitzlosen Kleinadel entstandenen weltlichen Intelligenz, die überall im Lande zerstreut, ohne jede organisatorische Hilfe, nur mit dem im Verweltlichungsprozeß begriffe­nen, geistlichen Intelligenz verbunden, ihren heroischen Kampf um die neue „literata Hun­gária" begann. Der Verfasser legt dar, mit welcher Umsicht Graf Széchényi die wichtigsten Kultur­institute des Landes (staatliche Universität und Akademien, konfessionelle Kollegien und Lyceen, öffentliche Lokalbibliotheken), sowie die in jeder Sprache der Monarchie tätigen, produktiven Literaten (Gelehrte und Schriftsteller) auch einzeln in Erwägung zog, um Ihnen die bis jetzt entbehrten Kulturschätze und Kulturmittel: die gesammelten Produkte der sich seit dem Humanismus und der Reformation entfalteten ungarländischen Literatur präsentieren zu können. Auch eine statistische Aufstellung über die verschickten Kataloge zeigt, daß Széchényi durch die Nationalbibliothek der neuen, sich zur bürgerlichen Bildung bekennenden Intelli­genz eine geistige Stütze anbieten wollte. Unter den mit dem Katalog verehrten 356 Persön­lichkeiten in Ungarn gibt es nur insgesamt 132 Zugehörige der feudalen Schichten, Aristokra­ten, hohen Kleriker und Adelige, wogegen die Zahl der besitzlosen, außer dem ständischen Organismus stehenden Literaten 220 erreichte. Der Graf hat nämlich gemerkt, daß diese, einstweilen politisch noch nicht schwerwiegende Schicht, die während der Regierungszeit Josefs II. in den Freimaurerlogen von den traditionellen religiösen und feudalen Vorurteilen befreit, immer mehr zum maßgebenden geistigen Faktor und Fürsprecher der öffentlichen nationalen Meinung wird. Széchényi hat klar gesehen, daß diese Schicht, Träger der zukünfti­gen gesellschaftlich-kulturellen Entwicklung, die im Lande überall zerstreute, nationale wissenschaftliche und literarische Erbe nicht mehr entbehren kann, daß sie ohne geistige Besitznahme dieser Erbe ihre Mission nicht richtig erfüllen vermag. Deshalb hat Graf Széché ­nyi unternommen, alles was die Ungarn und andere Völker des Landes schriftlich nieder­gelegt haben, oder im Ausland über Ungarn geschrieben wurde, selbst mit großem materiel­lem Opfer zu sammsln und im Rahmen einer öffentlichen nationalen Sammlung in der Haupt­stadt zugänglich zu machen. 84

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