Kárpáti Zoltán - Liptay Éva - Varga Ágota szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 101. (Budapest, 2004)
CONRAD M. STIBBE: Eine Bronzehydria mit menschlichen Protomen
Zusammenfassend stellen wir fest, dass die Verzierung auf den Henkeln beschränkt ist. Schon diese Tatsache weisst auf eine frühe Entstehungszeit hin, da die späteren Hydrien auch eine Verzierung an Rand und Fuss aufweisen. So haben die Hydrien der um 600-580 datierten Telestas-Gruppe oft ein ,Metopenband' am Rand und Zungen am Fuss. 56 Ausserdem gibt es an unserer Hydria viele primitive und unkanonische Züge, die in dieselbe frühe Entstehungszeit weisen. 57 Schauen wir, wie die Hydria sich in die ikonographische Gruppe, zu der sie gehört, einreihen lässt. DIE GRUPPE DER HYDRIEN MIT SPRUNGBEREITEM LÖWEN AM UNTEREN HENKELANSATZ Im lakonischen Bereich gibt es mehrere Beispiele einer Protome in Gestalt eines sprungbereiten oder liegenden Löwen, die nicht, wie in unserem Fall, den unteren Ansatz des Henkels einer Hydria schmücken und auch stilistisch wenig mit ihm übereinstimmen, wenn sie auch früh, ans Ende des 7. Jahrhunderts datiert werden können. 58 Eine überzeugende Parallele stellt jedoch das schon einige Male erwähnte Henkelfragment einer Hydria aus Olympia dar. Dort befindet sich die Löwenprotome nicht nur an der gleichen Stelle - am unteren Henkelansatz -, sondern auch stilistisch sind deutliche Übereinstimmungen erkennbar. 59 In den einfachen, etwas groben, tief eingekerbten Gesichtszügen, der runden Schnauze und dem Fehlen einer Kragenmähne zeigt sich die gleiche Hand. Die Unterschiede, wie das Fehlen der halbkreisrunden Zeichnung der Nasenpartie und der seitlichen Schlangen sowie die Trapezform des Griffes, 60 sind dem gegenüber weniger bedeutsam, zumal man an der Aussenseite der Halbspulen genau jenen Halbkreisen begegnet, die wir an den Halbspulen der Seitenhenkel und an den Halsscheiben der menschlichen Protomen der Hydria in Budapest festgestellt haben (Abb. 15, 26, 40d-e). 61 Man kann den schraffierten Halbkreis geradezu als das Markenzeichen unseres Bronzebildners betrachten. Das Fragment in Olympia wurde von seinem Herausgeber als „früharchaisch'' eingestuft. 62 Siehe Stibbe 2000 (Anm. 3), 5 ("The Second Phase", um 600-565). Für die Telestas-Gruppe siehe Stibbe 2004 (Anm. 6), 1-8. Die Hydria gehört in die „First Phase", datiert um 630-580 in Stibbe 2000 (Anm. 3), 5 oder auch in die Gruppe der „Hydriae before Telestas" in Stibbe 2004 (Anm. 9), 8-14, die durch Experimente gekennzeichnet ist. Vgl. die Löwen an einem Gewandnadelpaar aus Sparta, Stibbe 1996 (Anm. 20), 364ff, Nr. 4, Abb. 3, Taf. 27,4. Ferner die Löwen am oberen Ansatz einer Oinochoe aus Olympia, Herfort-Koch, 1986 (Anm. 9), 83, Nr. K 15, Taf. 2,1 und am unteren Henkelansatz einer weiteren Oinochoe aus Delphi, Th. Weber, Bronzekannen, Frankfurt am Main 1983, 258f, Nr. I.C.2; Stibbe 1996 (Anm. 20), 376. Olympia, Museum, Inv.-Nr. B 5241, B 5473, Fundort: Olympia („SO, O 10 Nord, 8.12.1963"), Höhe: 6,6 cm. Gauer 1991 (Anm. 18), 144, 260, Nr. Hy 21, Abb. 27,3, Taf. 89,3; Stibbe 1992 (Anm. 9), 46-47, 60, Nr.. M 2; Stibbe 1996 (Anm. 20), 356, Anm. 2, 376. Für diese Trapezform gibt es einige Parallen im lakonischen Bereich, siehe ebd., 357ff, Nr. 2, Taf. 24,1-2 und 360ff, Nr. 3, Taf. 27,1, beide zur frühen Stufe der Experimente gehörend. Eine technische Übereinstimmung besteht darin, dass der Arm einer Halbspule am Henkelfragment aus Olympia genau so gebrochen ist und wieder angefügt, wie an einer Seitenhenkel der Hydria in Budapest (Abb. 22). Gauer 1991 (Anm. 18), 144. Auf S. 260, unter der Eintragung Hy 21 datiert er allerdings „ffüharch?hocharch 1, Ende 7./Anfang 6. Jh." (was mir zu spät erscheint) und nennt das Stück ohne weiteres „lakonisch".