Csornay Boldizsár - Dobos Zsuzsa - Varga Ágota - Zakariás János szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 100. (Budapest, 2004)

URBACH, ZSUZSA: Ein flämischer ikonographischer Bildtypus im italienischen Quattrocento. Bemerkungen zur Studie von Éva Eszláry

eingeführt wurden, kleine Bilder oder Diptychen in vergoldetem Rahmen waren, die zu Andachtszwecken in italienische Sammlungen gelangten. Diese „Gebrauchs­stücke" wurden durch die Zeit und den Modewandel noch mehr dezimiert. Der Meister des hier vorgestellten Reliefs dürfte solche flämischen Werke gese­hen und gekannt haben. Wir können nicht wissen, welche diese genau waren. Die Stücke aus der Bouts-Werkstatt können auch ihm bekannt gewesen sein. 34 Auch wenn wir das genaue Vorbild des Bildhauers vorläufig nicht identifizieren können, können wir annehmen, dass er einem flämischen Prototyp folgte. Es kam sicherlich nicht so selten vor, wie man heute annimmt, dass hervorra­gende italienische Meister flämische Vorbilder kopierten. Auch dafür gibt es einen sehr wichtigen und charakteristischen Nachweis. Clelia Galassi hat jüngst am Christusbild, das ins Museum von Philadelphia gekommen war (Abb. 34), eindeu­tig nachgewiesen, dass es die Arbeit eines italienischen Meisters ist. Das Vorbild, das bis zur Irreführung kopiert wurde, ist ein Werk von Hans Memling, das sich heute im Palazzo Bianco in Genua befindet. Memlings Bild und sein Paar können im 15. Jahrhundert bereits in Florenz gewesen sein. 35 Auf dem Bild Memlings trägt Christus ein rotbraunes Gewand, sein Haupt blutet durch die Wunden, die von der Dornenkrone verursacht wurden, an seinem Antlitz fließen dichte Tränen nieder, er erhebt die rechte Hand zum Segen. An seiner Handfläche ist ein Wundmal. Das Bild ist ein seltsames Gemisch des Ecce Homo und des Gewand tragenden Vir Dolorum. Sein Paar, die Mater Dolorosa ist nur in Kopien aus Italien erhalten ge­blieben, ein Exemplar befindet sich in den Uffizien. Memlings Bild war den Florentiner Malern, wahrscheinlich auch dem jungen Fra Bartolomeo bekannt. Das vorher erwähnte Bild, das nach Philadelphia kam, ist eine Kopie. Sie ist die Arbeit eines Florentiner Meisters, nach einzelnen Ansichten Domenico Ghirlandaios selbst. 36 Eine Kopie oder Version des Diptychons von Memling, die ebenfalls itali­Diesmal hatte ich keine Gelegenheit, die Behauptung in der mächtigen Fotosammlung des Brüsseler Centre d'étude de la peinture du 15e siècle dans les Pays-Bas zu überprüfen. Über die Bekanntheit der Werke der Bouts-Werkstatt auch in Lucca und über den Kult des Heiligen Blutes überhaupt siehe die hervorragende Studie von Petrucci, F., La religiosité lucchese nelle sculture di M. Civitali, in Ausst.-kat. Lucca (Anm. 6). Memlings Bild befindet sich heute in Genua, Palazzo Bianco, Eichenholz, 53,4x39,1 cm. Sein Gegenstück, die Mater Dolorosa blieb nur in Kopien erhalten, die wahrscheinlich italienische Arbeiten sind (Florenz, Uffizien; Rom, Palazzo Barberini und englische Privatsammlung). De Vos (Anm. 30), Nr. 58; Ausst.-kat. Brügge (Anm. 28), Nr. 51-52. Die technische Untersuchung hat den italienischen Ursprung des Bildes von Philadelphia eindeutig bewiesen: Galassi, M-C, A Technical Approach to a Presumed Memling Diptych: Original Work and Some Italian Copies, in Memling Studies. Proceedings of the International Colloqium, Bruges 1994 (Hrsg. von Verougstraete, H. - Van Schoute, R.), Leuven 1997, 335-350; Ausst.-kat. Brügge (Anm. 28), Kat.-nr. 99, hervorragende farbige Reproduktion ebenda: Abb. S. 52,62, wo die Malweise gut sichtbar ist. De Vos (Anm. 30), Nr. 22. Das Bild in Philadelphia wurde auf Pappenholz gemalt. Galassi datierte es in die Jahre um 1480, vorsichtigerweise als Arbeit eines italienischen Meisters, andere schreiben es Ghirlandaio zu. Über die italienischen Kopien des Genueser Memlings vgl. De Vos (Anm. 30), Nr. 22.

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